Khamenei: Der kranke Mann und die Bombe

In Teheran ringt man um die Macht – mit oder ohne atomare Geheimpläne.

Selten war der Revolutionsführer so deutlich wie zum persischen Neujahr vor wenigen Tagen. Alle Iraner, verkündete Ali Khamenei, sollten sich hinter Präsident Rohani und dessen Verhandler im Atomstreit stellen. Ein Atomabkommen sei notwendig, vor allem aus einem Grund: "Die Sanktionen gegen Iran müssen danach sofort aufgehoben werden."

Der 74-Jährige macht damit deutlich, worum es ihm und dem innersten Kreis der Macht in Teheran geht: Die über Jahre mehr und mehr verschärften Sanktionen der UNO, aber auch einzelner Staaten wie den USA, haben die iranische Wirtschaft inzwischen schwer geschädigt. Dazu kommen der dramatisch gefallene Ölpreis und eine anhaltende Trockenheit im Land. Man steckt in einer tiefen wirtschaftlichen Krise und die trifft inzwischen nicht nur die normale Bevölkerung, sondern auch die politische Elite: Das heißt auch Khamenei selbst. Immerhin soll das von einem seiner Söhne geleitete Firmenimperium der Familie etwa 90 Milliarden US-Dollar wert sein.

Krebs im Endstadium?

Für Khamenei wird die Zeit knapp. Dass er seit Jahren an Prostatakrebs erkrankt ist, hat die Führung in Teheran sogar offiziell gemacht. Dass er vor Kurzem neuerlich für längere Zeit ins Spital musste, machte nicht nur die Mächtigen im Iran merklich nervös. Plötzlich kursierten Gerüchte, der Revolutionsführer sei bereits tot – schafften es bald sogar in westliche und israelische Medien.

Die Führungsgremien reagierten empfindlich, ein kurzer öffentlicher Auftritt Khameneis wurde anberaumt. Das Staatsfernsehen textete diesen merkwürdig überdeutlich. Das sei der Beweis, hieß es dort, dass alle "von Israel gesteuerten Gerüchte" über den Tod des Ayatollah falsch seien.

Wie krank Khamenei auch sein mag, er hat längst begonnen, Entscheidungen für die Zeit nach ihm zu treffen. Die wichtigste davon blieb im Westen weitgehend unbemerkt. An die Spitze des sogenannten Expertenrates trat mit Mohammed Yasdi ein ultrakonservativer Geistlicher. Der Rat hat eine zentrale Aufgabe: Er entscheidet über den nächsten Revolutionsführer, also über Khameneis Nachfolger.

Ruf nach der Bombe

Der 83-jährige Yasdi glaubt an einen strengen islamischen Staat Iran, und dieser Gottesstaat, daraus macht er kein Hehl, sollte "spezielle Waffen" besitzen und sich nicht von anderen das Recht nehmen lassen, diese zu produzieren. Ein unmissverständlicher Ruf nach der Atombombe.

Dass Khamenei diesem Hardliner vertraut, sind schlechte Nachrichten für liberalere Kräfte rund um Präsident Rohani. Der ist in seinen Entscheidungen ohnehin vom Willen der religiösen Führung abhängig.

Stärkster Rückhalt der Liberalen ist einer der nicht nur reichsten, sondern auch seit der Revolution 1979 mächtigsten Iraner: Ali Rafsandschani. Der 80-jährige "Pistazienmilliardär" unterstützt die Aussöhnung mit dem Westen, aber auch eine vorsichtige Stärkung von Bürgerrechten und persönlichen Freiheiten. Im beginnenden Machtkampf ist auch er schon ins Visier seiner konservativen Gegner geraten. In der Zeitung Kayhan wurde er als Verräter an Irans Interessen attackiert. Und Kayhan gilt im Iran als das Sprachrohr von Khamenei.

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