Iran-Atomstreit und kein Ende

Ein Abgang im Eiltempo: Nicht nur US-Außenminister John Kerry (li., beim Abschlussfoto), auch seine Amtskollegen reisten am Montag umgehend aus Wien ab. Von li. nach re.: Philip Hammond (UK), Sergej Lawrow (Russland), Mohammmed Zarif (Iran), Frank-Walter Steinmeier (Deutschland), Laurent Fabius (Frankreich), Catherine Ashton (EU), Wang Vi (China)
Nach hektischem Finale rettete man sich mit neuen Fristen über das Scheitern hinweg.

Verhandlungen beim Abendessen in der britischen Botschaft bis tief in die Nacht, Zweiergespräche zum Frühstück im Hotel Imperial – und zwischendurch am Weihnachtsmarkt am Karlsplatz noch ein Gespräch mit dem türkischen Außenminister, mit einer Biotonne als improvisierter Unterlage für Verhandlungsprotokolle: Allein das Tempo und die Termindichte, die US-Außenminister John Kerry in Wien absolvierte, macht deutlich, wie rasant sich das diplomatische Karussell bis zuletzt rund um das Palais Coburg, den zentralen Verhandlungsort, drehte.

Montagnachmittag aber kam dieses Karussell jäh zum Stehen. Auch das hektische Finale der Verhandlungen zwischen den fünf UN-Vetomächten, Deutschland und dem Iran hatte keinen Durchbruch gebracht: Keine Einigung über ein endgültiges Abkommen über Irans umstrittenes Atomprogramm. Mit einer Einigung auf eine neue Frist für dieses Abkommen bis Mitte 2015 konnte man sich gerade noch über die Distanz retten. Im Dezember soll weiter verhandelt werden.

Bemühter Optimismus

Iran-Atomstreit und kein Ende
Delegations of U.S. Secretary of State John Kerry, Britain's Foreign Secretary Philip Hammond, Russian Foreign Minister Sergei Lavrov, Iranian Foreign Minister Javad Zarif, German Foreign Minister Frank-Walter Steinmeier, French Foreign Minister Laurent Fabius, EU High Representative Catherine Ashton, Chinese Foreign Minister Wang Yi sit around the negotiations table during their meeting in Vienna November 24, 2014. Iran and world powers looked likely Monday to miss a midnight deadline to agree a long-awaited nuclear deal, with a Western diplomat saying they would agree an extension and meet again next month. REUTERS/Joe Klamar/Pool (AUSTRIA - Tags: POLITICS ENERGY)
Entsprechend eilig hatten es die Außenminister am Montag Nachmittag, Wien zu verlassen. Im Abgang bemühte man sich noch, ein wenig Optimismus für die nächsten Runden zu demonstrieren. "Keiner ist hier heute deprimiert aus den Verhandlungen gegangen", meinte etwa der deutsche Außenminister Steinmeier, man werde in den nächsten Wochen und Monaten intensiv weiterverhandeln, die Chance auf eine Einigung bestehe weiter. Sein russischer Kollege Lawrow sprach sogar von "substanziellen Fortschritten". Irans Außenminister Rohani trat am Abend im staatlichen Fernsehen auf, um dort die bescheidenen Ergebnisse des Wiener Gipfels zu präsentieren. Immerhin kann er auf einen Erfolg verweisen: Von den seit zwei Jahren eingefrorenen Guthaben iranischer Banken in den USA und in der EU werden nun monatlich fast 600 Mio. Euro freigegeben. Ansonsten bleiben die Fronten im Atomstreit unverrückt. Ein Ausblick auf die kommenden Monate.

Wie geht es nach dem Ende der Wiener Verhandlungen weiter?

Iran-Atomstreit und kein Ende
Der Zeitraum für Verhandlungen wird bis Mitte 2015 verlängert. Bis dann soll das endgültige Abkommen stehen, das eigentlich jetzt verabschiedet werden sollte. Noch im Dezember sollen neue Gespräche im Oman stattfinden, auch Wien soll in den nächsten Monaten zentraler Schauplatz bleiben. Ein Rahmenabkommen, das zumindest die Richtung vorgibt, soll bis März stehen.

Was ist das langfristige Ziel des Iran?

Offiziell dient das Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken. Doch westliche Experten sind sich weitgehend einig, dass das Land die sogenannte "breakout capability" anstrebt. Das heißt, die Fähigkeit, eine Atombombe im Krisenfall kurzfristig – das heißt, binnen Monaten, herstellen zu können. Dafür sprechen sowohl die bereits heftig vorangetriebene Herstellung von hochangereichertem, daher bombentauglichen Uran, als auch die Entwicklung von Langstreckenraketen.

Was sind auch weiterhin die Knackpunkte im Atomstreit?

Der umstrittenste Punkt bleibt die Urananreicherung und die Anzahl der dafür notwendigen Zentrifugen. Der Iran baut seine Kapazitäten mit Hochdruck aus, vor allem installiert er neue, leistungsfähigere Zentrifugen. Den bereits angelegten Vorrat an hochangereichertem Uran aber hat man nach Abschluss des Interims-Abkommens im Vorjahr wieder verdünnt. Der Westen aber fordert vom Iran, die Anzahl an Zentrifugen drastisch zu reduzieren und unter ständige Kontrolle der UN-Atomenergiebehörde IAEO zu stellen.

Was bleibt die Hauptforderung des Iran?

Die Aufhebung aller Sanktionen. Der Westen hat schon nach Abschluss des Interims-Abkommens im Vorjahr einige der Sanktionen gelockert. Iranische Schlüsselindustrien, wie etwa die Autoherstellung, aber auch Fluglinien werden wieder mit Ersatzteilen beliefert. Andere Sanktionen aber, wie etwa gegen iranische Banken, aber auch das schwerwiegende Exportverbot von Öl und Gas in EU und USA bleiben aufrecht.

Kommentare