Grenzen dicht – "Reisepaket Italien"

Zäune gegen den Flüchtlingsstrom wie in Idomeni (Bild) nun auch an den Grenzen Sloweniens, Serbiens und Kroatiens
Nach dem Aus für die Balkanroute wird mit neuen Flüchtlingswegen nach Mitteleuropa gerechnet.

Die Regierung in Rom bereitet sich auf einen neuen Flüchtlingsansturm vor: Nach der Grenzschließung auf der Balkanroute durch Slowenien, Serbien, Kroatien und letztlich Mazedonien könnten die Menschen bald über Albanien und die Adria nach Italien flüchten.

Die Zeit drängt: Noch diese Woche wird der italienische Innenminister Angelino Alfano zu einer Mission nach Tirana aufbrechen. Gemeinsam mit seinem albanischen Amtskollegen Saimir Tahiri möchte er über Strategien diskutieren, falls sich die Fluchtrouten künftig in Richtung Adria verlagern.

6000 bis 7000 Euro

Die Tageszeitung La Repubblica berichtet von einem "Reisepaket Italien", das um 6000 bis 7000 Euro im Internet angeboten wird. Dabei sollen Flüchtlinge in Autobussen von Griechenland an die albanische Küste gefahren werden. Von Stränden zwischen den Städten Durres und Vlore sollen sie dann nach Italien übersetzen. Noch wird die Ausweichroute nicht benutzt, wie italienische und albanische Behörden bestätigen.

In der Meerenge von Otranto ist das adriatische Meer mit rund 90 Kilometern besonders schmal. Schlauchboote könnten bei ruhiger See in einigen Stunden Süditalien erreichen. Italien will Küstenwache-Schiffe zur verstärkten Kontrolle zwischen Albanien und dem süditalienischen Apulien einsetzen. Bereits am Montag hat Europa-Staatssekretär Sandro Gozi dem albanischen Premier Edi Rama eine Kooperation gegen Schlepper zugesichert.

Historische Bilder prägten sich in das kollektive Gedächtnis, als der schrottreife, völlig überladene Frachter "Vlora" mit 20.000 Flüchtlingen im August 1991 im Hafen von Bari einlief. Damals flüchteten Zehntausende Albaner vor dem kommunistischen Regime nach Italien.

Im italienischen Innenministerium bereitet man sich auf weitere mögliche Szenarien vor. Auch Montenegro könnte für Flüchtlinge auf dem Weg nach Italien infrage kommen. Dann würden die Boote etwas weiter nördlich ankommen.

"Neuer Notstand"

"Sollte sich die Adria-Route öffnen, müssen wir in der Lage sein, mit einem neuen Notstand umzugehen", kommentiert Minister Alfano. In den Frühjahrs- und Sommermonaten, wenn das Meer im Kanal von Sizilien ruhig ist, dürften auch die Überfahrten aus Libyen Richtung Lampedusa wieder zunehmen. Auf der süditalienischen Insel wurde im Herbst der erste europäische Hotspot zur Flüchtlingsunterbringung errichtet. Vor allem afrikanische Flüchtlinge wagen noch die lebensgefährliche Fahrt über das Mittelmeer. Syrer wichen im vergangenen Jahr auf die Türkei-Griechenland-Balkanroute aus.

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