Hongkong: Studenten geben nicht auf

Studenten blockieren Straßen.
Die Regierung hat vereinbarte Gespräche abgesagt. Studentenführer Wong will Unterstützung von Merkel.

Nach der Absage der Gespräche mit den Studenten durch die Regierung in Hongkong ist es in der Nacht zum Freitag zunächst nicht zu neuen Protesten gekommen. Doch haben die Studenten zu einer großen Demonstration am Freitagabend aufgerufen. Tausende hatten sich bereits spontan am Donnerstagabend versammelt. Auch campierten während der Nacht weiter einige hundert an den beiden Hauptprotestorten in Admiralty auf der Insel Hongkong und im belebten Geschäftsviertel Mong Kok auf Kowloon. Doch blieb die Lage ruhig.

Überraschend hatte die Regierung die für Freitag geplante erste Dialogrunde über Auswege aus der bisher größten Krise in der chinesischen Sonderverwaltungsregion abgesagt. Hintergrund waren die Pläne der Studenten, die Gespräche mit Demonstrationen begleiten zu wollen, um Druck auf die Regierung auszuüben. Verwaltungschefin Carrie Lam kritisierte auch, dass die Studenten eine Abschaffung der Wahlreform forderten, die Chinas Volkskongress beschlossen hatte.

Hilfe aus Deutschland

Studentenführer Joshua Wong hat unterdessen in Berlin von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel Unterstützung gefordert. Es wäre "sehr hilfreich", wenn Merkel die Demonstrationen bei ihrem Treffen mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang am Freitag anspräche, sagte Wong der "Bild"-Zeitung aus Berlin. "Nur wenn Deutschland, Europa und die ganze Welt Druck auf China machen und für uns Solidarität zeigen, haben unsere Proteste eine Chance", betonte der 17-Jährige. Unter der Leitung Merkels und Lis kommen am Freitag in Berlin die Kabinette beider Staaten zu ihren dritten Regierungskonsultationen zusammen. Merkel und Li wollen einen Aktionsrahmen über die Umsetzung der im Juli vereinbarten Innovationspartnerschaft unterzeichnen. Außerdem sollen mehrere politische Kooperationsabkommen und Wirtschaftsverträge unterzeichnet werden.

Die seit zwei Wochen anhaltenden Proteste hatten sich an den Plänen Pekings entzündet, 2017 zwar erstmals eine direkte Wahl in Hongkong zu erlauben, den Wählern aber eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern. Seit Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie 1997 an China wird Hongkong als eigenes Territorium autonom regiert.

Peking will im Jahr 2017 erstmals eine direkte Wahl in der Sonderverwaltungsregion Hongkong erlauben. Aber: Den Wählern wird eine freie Nominierung der Kandidaten verweigert. Dagegen protestieren Zehntausende in Hongkong friedlich. Ein Rückblick:

1. Juli 2014: Auf der größten Demonstration seit einem Jahrzehnt fordern Hongkonger mehr Demokratie. Über 500 Menschen werden im Zusammenhang mit dem Protest festgenommen.

17. August: Zehntausende Menschen demonstrieren gegen Pläne der prodemokratischen Occupy-Bewegung, notfalls mit einer Besetzung des Hongkonger Finanzdistrikts ihre Forderungen zu untermauern.

22. September: Tausende Studenten beginnen einen einwöchigen Streik, der auch von Demonstrationen begleitet wird.

27. September: Am Ende des Studentenstreiks eskalieren die Proteste: Die Polizei nimmt mindestens 74 Teilnehmer fest, mindestens 29 Studenten und Polizisten werden nach Polizeiangaben verletzt.

28. September: Tausende blockieren Hauptverkehrsadern und legen den Finanzbezirk lahm. Sicherheitskräfte setzen gegen die Demonstranten Tränengas und Pfefferspray ein.

29. September: Die Menge der Demonstranten wächst. Die Sprecherin des Pekinger Außenministeriums verurteilt die Vorgänge in Hongkong als "illegale Aktivitäten".

30. September: Studenten drohen mit einem Ultimatum und fordern den Rücktritt von Regierungschef Leung Chun-ying sowie eine Rücknahme der Pläne für nur begrenzte Wahlen. Sonst wollen sie die Demonstrationen ausweiten, zum Streik aufrufen oder Regierungsgebäude besetzen.

1. Oktober: Demonstriert wird auch am chinesischen Nationalfeiertag. Studentenführer drohen mit der Besetzung wichtiger Regierungsgebäude.

2. Oktober: Kurz vor Ablauf des Ultimatums lehnt der Regierungschef erneut eine Amtsniederlegung ab. Er bietet aber einen Dialog an. Die Studenten nehmen das Angebot an. Es bleibt friedlich.

3. Oktober: Die Zahl der Demonstranten geht zurück. Zusammenstöße zwischen Gegnern und Demonstranten verschärfen die Krise allerdings wieder. Studentenführer setzen die geplanten Gespräche vorerst aus.

4. Oktober: Nach Angriffen organisierter Schläger werden der Polizei zufolge 19 Menschen festgenommen. Zehntausende demonstrieren am Abend in einem friedlichen "Aufmarsch gegen Gewalt".

9. Oktober: Die Regierung hat kurzfristig die geplanten Gespräche mit den Studenten abgesagt.

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