Holocaust-Überlebende: Familien vereint

Einer der Brüder überlebte das KZ Mauthausen
Lange Suche: Zwei Brüder wurden im Jahr 1939 getrennt, ihre Nachkommen fanden nun zueinander.

"Was sagt man zu jemandem, den man sein ganzes Leben gesucht hat? Wir waren sprachlos", beschreibt Jess Katz aus New Jersey den bewegenden Moment, als sie ihre Familienmitglieder fand. 77 Jahre waren vergangen, seit ihr Großvater Abram Belz mit der Suche nach seinem jüngeren Bruder Chaim begonnen hatte. Vergeblich. Beide hatten den Holocaust überlebt, wurden aber getrennt; sie siedelten sich auf unterschiedlichen Kontinenten an, gründeten Familien und starben Jahrzehnte später, ohne dass sie einander je wiedergesehen hätten.

Die 25-jährige Jess Katz, die in New York als Software-Technikerin arbeitet, recherchierte – und wurde dank der Genealogie-Website JewishGen.org und Facebook nun fündig, wie "The Washington Post" berichtet: Auf der russischen Insel Sachalin lebe ein Mann, der der Sohn ihres Großonkels sein könne, meinte eine Frau aus Israel, die die Familie kennt. Jess Katz kontaktierte mithilfe eines Dolmetschers den Mann namens Ewgenij Belshitskij. Dieser antwortete: "Mir fehlen die Worte. Aber ich schicke dir ein Foto meines Vaters. Siehst du eine Ähnlichkeit?"

Jess Katz berichtet: "Meine Mutter und meine Schwestern waren da, und meine Mutter begann zu weinen, weil der Mann genauso aussah wie ihr Vater." Um sicherzugehen, fragte Jess nach dem Geburtsdatum. Ewgenij antwortete mit dem korrekten Tag: 17. November 1918.

"Nur noch geweint"

"Wir haben nur noch geweint", erzählt Jess Katz. Am nächsten Tag sprachen die Familien das erste Mal über Skype miteinander: "Wir haben uns zwei Stunden lang unterhalten, über unsere gemeinsame Geschichte, über Abram und Chaim."

Die Brüder, gebürtige Polen, sahen einander 1939 zum letzten Mal. Nach der Besetzung Polens durch die Nazis kam die Familie ins Getto. Die Mutter bat ihre Söhne zu fliehen, doch Abram wollte als der ältere weiter für die Familie sorgen. Chaim floh in die Sowjetunion. Die übrige Familie wurde in Konzentrationslager gebracht und in den Gaskammern ermordet. Nur Abram überlebte – er wurde 1945 aus Mauthausen befreit und ging nach New York.

Die Brüder führten ähnliche Leben: Beide waren als Schneider erfolgreich, heirateten, bekamen Kinder und waren hingebungsvolle Väter. Und beide hörten nie auf, ihren Bruder zu suchen. Chaim starb bereits mit 51 Jahren an einem Gehirntumor. Abram starb 2011 im Alter von 95 Jahren.

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