Kerry in Wien gelandet

US-Außenminister John Kerry in Wien
Mehrere Dutzend Diplomaten sind seit Montag in Wien, um den Atomstreit mit dem Iran zu lösen.

Am Dienstag traf US-Außenminister John Kerry in London seinen Amtskollegen aus dem Oman, eine Art Vermittler zwischen den USA und dem Iran; Mittwoch sprach er in Paris mit dem saudischen Außenminister, der wenig Freude mit einem Ende der Sanktionen gegen den Erzrivalen Iran hätte; Donnerstagabend kam Kerry nach Wien.

Ziel: eine Einigung bei den Atomverhandlungen der UN-Vetomächte USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China plus Deutschland (5+1) mit dem Iran. Deadline: kommender Montag. Es geht um die Garantie dafür, dass Iran sein Atomprogramm nur friedlich nutzt. Im Gegenzug würde der Westen seine Sanktione aufheben.

„Wir wollen eine Einigung, aber nicht irgendeine“, sagte Kerry, der am Abend Irans Außenminister Mohammad Zarif traf.

Iran will IAEA Zutritt erlauben

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) gab indes bekannt, dass eingeforderte Antworten des Iran auf eine Reihe Fragen ausständig seien, auch wenn Teheran am Donnersag Zugang zur Atomanlage Marivan, nicht aber zur Militärbasis Parchin zusagte. Eine Verlängerung der Verhandlungen über die Deadline hinaus gilt als wahrscheinlich.

Verhandlungen laufen

Mehrere Dutzend Diplomaten sind jedenfalls seit Montag in Wien, um den Atomstreit mit dem Iran zu lösen. Innerhalb der Verhandlungsdelegationen der fünf UN-Vetomächte (Frankreich, Großbritannien, China, Russland, USA) plus Deutschland herrscht Einigkeit über das Faktum, dass eine mögliche vorläufige Vereinbarung bis zur Deadline am 24. November nur bei einer Einigung zwischen Kerry und seinem iranischen Amtskollegen Mohammad Javad Zarif möglich ist.

Schwieriges Verhältnis USA-Iran

Für die USA und den Iran, die seit 35 Jahren keine diplomatischen Beziehungen unterhalten, ist der Atomstreit nicht nur eine Möglichkeit, Vertrauensmankos auszubüglen, sondern auch eine Chance, ein neues Kapitel in den angeschlagenen Beziehungen aufzuschlagen.

Auch wenn Kerry und Zarif zuhause jeweils Hardliner im Nacken haben, die keinen Deal und keine Annäherung wollen, so war die Chance auf einen Konsens nie größer als jetzt. Wenn man die heiklen Fragen wie die Anzahl der Zentrifugen, den Zeitplan für die Sanktionssuspendierung und die Gültigkeitsdauer ausklammert, erscheint eine historische Unterzeichnung bis zur Deadline am Montag durchaus möglich.

Obendrein wäre ein Erfolg ein Ventil, um die wegen der Ukraine-Kreise angeschlagenen Beziehungen des Westens zu Russland zu normalisieren.

USA brauchen Iran gegen IS

In Zeiten, wo die sunnitische Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) den Nahen und Mittleren Osten mit barbarischen Gewaltakten unsicher macht, weiß Washington, dass die Hilfe der Regionalmacht Iran unverzichtbar ist. Die iranische Führung unter Präsident Hassan Rohani wiederum braucht das Grüne Licht des Weißen Hauses für eine schrittweise Aufhebung der westlichen Wirtschaftssanktionen. Denn die katastrophale Wirtschaftslage in der Islamischen Republik sieht sogar der Oberste Geistliche Führer, Ayatollah Seyed Ali Khamenei, der in allen Belangen das letzte Wort hat, als systembedrohend an.

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