"Genau sehen, was Türkei mit EU-Geld macht"

EU-Ombudsfrau Emily O'Reilly
Der Flüchtlings-Deal darf Standards bei Beitrittsgesprächen nicht sinken lassen.

Die Verhandlungen der EU 28 mit der Türkei über die Zusammenarbeit in Bezug auf die Flüchtlinge stelle Europa vor eine "große ethische Herausforderung", sagt Emily O’Reilly. Als EU-Ombudsfrau – vergleichbar mit den Volksanwälten in Österreich – ist es ihr Job, den EU-Institutionen auf die Finger zu schauen. Zwei ihrer Hauptthemen: Transparenz in der Entscheidungsfindung – und die Einhaltung von Bürger- und Menschenrechten. Den Flüchtlingsdeal mit der Türkei sieht O’Reilly kritisch: Zwar müsse man anerkennen, "dass die Türkei eine große Last geschultert hat".

Sie warnt aber davor, die Anforderungen an die Türkei in den Beitrittsgesprächen zu senken – etwa, was das Thema Menschenrechte anbelangt: "Die Verhandlungen waren bis jetzt sehr langsam. Jetzt brauchen wir die Türken, sie sollen uns mit den Flüchtlingen helfen. Diesen Deal zwischen Brüssel und der Türkei muss man sich sehr genau anschauen."

O’Reilly pocht auch auf Transparenz beim Umgang mit den (wahrscheinlich zwei bis drei) Milliarden Euro, die die türkische Regierung von den EU-Staaten im Zuge des Flüchtlingsdeals erhalten soll: "Es ist sehr wichtig, dass wir genau sehen, wofür die Türkei das Geld ausgibt, das sie von der EU erhält."

Auch den EU 28 redet die Ombudsfrau ins Gewissen: Man befinde sich derzeit in einer "Krise par excellence", die die "Grundfeste der EU" in Frage stelle. Die große Zahl der Flüchtlinge dürfe aber keine Ausrede für eine unwürdige Behandlung sein. O’Reilly warnt davor, "dass unsere Kinder in 20, 30 Jahren fragen, wie man nur so etwas zulassen konnte – so wie man sich das vor 70 Jahren gefragt hat".

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