Französischer Senat stimmte für Arbeitsmarktreform

Proteste gegen die Arbeitsmarktreform in Paris
Das Oberhaus nahm eine stark abgeänderte Fassung der umstrittenen Reform an. Diese dürfte keinen Bestand haben.

Begleitet von neuen Protesten hat in Frankreich die umstrittene Arbeitsmarktreform den Senat passiert. Das von der konservativen Opposition beherrschte Oberhaus stimmte am Dienstagabend allerdings für eine stark abgeänderte Version der Reform von Staatschef Francois Hollande - in der Nationalversammlung dürften die Änderungen bald wieder gestrichen werden.

In der Zwischenzeit demonstrierten erneut landesweit zehntausende Franzosen gegen Hollandes Reformpläne, es gab dutzende Festnahmen.

Im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit will der sozialistische Präsident unter anderem die 35-Stunden-Woche und den Kündigungsschutz lockern. Die Gewerkschaften kritisieren die Reform als zu unternehmerfreundlich und prangern sie als sozialen Rückschritt an. Erbost sind sie insbesondere darüber, dass Betriebsvereinbarungen zu Arbeitszeiten Vorrang vor Branchenvereinbarungen bekommen sollen.

Verschärfte Version

Der konservativen Opposition gehen die Pläne dagegen nicht weit genug. Im Senat, wo es eine konservative Mehrheit gibt, wurde die Gesetzesvorlage deswegen verschärft. So wollen die Senatoren die 35-Stunden-Woche noch mehr lockern als die Regierung und eine feste Obergrenze für Abfindungen bei unrechtmäßigen Entlassungen einführen, wie es die Arbeitgeber fordern.

Bei der Abstimmung votierten am Dienstagabend 185 Senatoren des konservativen Lagers für den umgeschriebenen Reformtext. 156 Senatoren von Sozialisten, Kommunisten und Grünen stimmten dagegen.

Bei Gesetzesvorhaben hat in Frankreich aber die Nationalversammlung das letzte Wort. Die Abgeordneten dürften die Änderungen der Senatoren wieder rückgängig machen, wenn der Text kommende Woche in die Abgeordnetenkammer zurückkehrt. Allerdings kann sich die sozialistische Regierung auch in der Nationalversammlung keiner Mehrheit für das Vorhaben sicher sein: Viele Abgeordnete vom linken Sozialistenflügel sind gegen die Reform.

Premierminister Manuel Valls setzte im Mai deswegen auf einen parlamentarischen Sonderweg, um die Gesetzesvorlage in erster Lesung ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung zu bringen. Die Regierung könnte auch in zweiter Lesung auf dieses Mittel zurückgreifen. Sie riskiert damit aber eine Misstrauensabstimmung.

Gegen die Reformpläne machen die Gewerkschaften schon seit Monaten mobil. Am Dienstag demonstrierten nach Angaben der Behörden landesweit 64.000 Menschen gegen das Vorhaben. Die Gewerkschaft CGT, die an der Spitze der Proteste steht, sprach dagegen von fast 200.000 Demonstranten. In der Hauptstadt Paris gingen laut Behörden rund 15.000, laut Gewerkschaften rund 55.000 Menschen auf die Straßen.

Aus Sorge vor neuen Ausschreitungen fand die Demonstration in Paris erneut unter scharfer Polizeibewachung statt: Rund 2500 Beamte waren im Einsatz und durchsuchten an Kontrollpunkten die Taschen der eintreffenden Demonstranten. Es kam nur zu vereinzelten Zusammenstößen zwischen vermummten Randalierern, die Steine warfen, und der Polizei, die Tränengas einsetzte. Landesweit wurden 81 Menschen festgenommen, davon 39 in Paris.

Im Streit um die Arbeitsmarktreform sind die Fronten zwischen der Regierung und linken Gewerkschaften verhärtet. Premierminister Valls will am Mittwoch und Donnerstag zwar Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden zu Gesprächen empfangen. Neue "Verhandlungen" über die Reform hat er aber ausgeschlossen.

CGT-Generalsekretär Philippe Martinez warnte, er komme nicht zu einem bloßen "Freundschaftsbesuch" und "nur um Kaffee zu trinken" zu Valls. Für kommenden Dienstag kündigte er einen neuen "Aktionstag" gegen die Reform an.

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