Komplizin womöglich in Türkei oder Syrien

Vor dem Supermarkt in Porte de Vincennes haben viele Menschen Blumen niedergelegt.
Bei der Suche nach möglichen Terror-Unterstützern konzentriert sich die französische Polizei auf Boumeddiene.

Nach dem dramatischen Ende der Anti-Terror-Einsätze konzentrieren sich die französischen Ermittler auf die Suche nach möglichen Unterstützern der islamistischen Gewalttäter. Auch nach dem Tod der drei Terroristen bleibt Frankreich im Alarmzustand und richtet sich auf einen Solidaritätsmarsch am Sonntag in Paris ein.

Fahndung nach Hayat Boumeddiene

Komplizin womöglich in Türkei oder Syrien
epa04552429 A composite image of four handout pictures released by French Police in Paris on 09 January 2015 shows Amedy Coulibaly (top L) and Hayat Boumeddiene (top R), suspects in connection with the shooting attack on 08 January 2015 in Montrouge, France, and undated handout pictures released by French Police in Paris early 08 January 2015 showing Cherif Kouachi, 32, (L) and his brother Said Kouachi, 34, (R) suspected in connection with the shooting attack at the satirical French magazine Charlie Hebdo headquarters in Paris, France, 07 January 2015. French media on 09 January 2015 report Amedy Coulibaly has asked for the release of the Kouachi brothers and threaten to kill their hostages if the Kouachi brothers hiding place is stormed by police. EPA/FRENCH POLICE / HANDOUT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES
Unter Hochdruck fahndet französische Polizei nach der Lebensgefährtin des Attentäters Coulibalys, Hayat Boumeddiene(Bild). Die 26-jährige Frau wird verdächtigt, Coulibalys Komplizin bei dem Mord an einer Polizistin am Donnerstag südlich von Paris gewesen zu sein. Die Ermittler vermuten zudem, dass die junge Frau auch an der Geiselnahme in dem Supermarkt am Freitag beteiligt war - allerdings wurde weder ihre Leiche entdeckt, noch befand sie sich unter den Verletzten. Tausende Beamte sind im Einsatz, um sie ausfindig zu machen. Die Polizei warnt, die Gesuchte sei "bewaffnet und gefährlich".

Allerdings soll die gesuchte Partnerin von Coulibaly nach Angaben aus türkischen Sicherheitskreisen bereits am 2. Jänner in die Türkei eingereist sein. Damit stellt sich die Frage, ob sie tatsächlich an den Anschlägen beteiligt war. Hayat Boumeddiene halte sich "wahrscheinlich" inzwischen in Syrien auf. "Wir denken, sie war in Urfa eine Woche später, aber es gibt dafür keine Beweise. Die Verdächtige ist seither wahrscheinlich in Syrien", erfuhr AFP aus den Kreisen. Urfa ist die Hauptstadt der türkischen Provinz Sanliurfa im Südosten der Türkei.

Zuvor hatte bereits ein französischer Polizeivertreter der AFP gesagt, Boumeddiene sei schon "seit einer gewissen Zeit" in der Türkei. Nach Angaben aus türkischen Sicherheitskreisen führte offenbar Versagen der französischen Geheimdienste dazu, dass Boumeddiene in der Türkei nicht festgenommen wurde: Die Verdächtige sei nicht aufgehalten worden, weil die Behörden in Ankara aus Paris keine Hinweise auf die Gefährlichkeit der jungen Frau erhalten hätten. "Es gab keinen Austausch von Geheimdienstinformationen", andernfalls "hätten wir sie ausliefern können", sagte die Quelle.

Von Boumeddiene kursieren zwei Fotos. Eines der Bilder, das zuerst in der Zeitung Le Monde veröffentlicht wurde, zeigt eine verschleierte und mit einer Armbrust bewaffnete Frau:

Zusammen mit ihrem Lebensgefährtin war Boumeddiene mehrfach in ein Waldgebiet im Süden Frankreichs gereist, um dort mit der Waffe zu trainieren. Im Kontrast dazu steht das offizielle Fahndungsfoto der Polizei (siehe weiter oben). Darauf ist eine junge, fast kindlich wirkende Frau mit braunen Haaren zu sehen, die teilnahmslos in die Kamera blickt. Das Foto entstand im Jahr 2010, als die Polizei Boumeddiene zu ihrem Lebensgefährten Coulibaly, einem polizeibekannten Islamisten, befragte.

Nicht offiziell verheiratet

Coulibaly und Boumeddiene vollzogen 2009 eine religiöse Trauung, offiziell verheiratet waren sie aber nicht, da dafür in Frankreich der Gang aufs Standesamt nötig ist. Coulibaly zog nach seiner Haftentlassung im Mai 2014 wieder bei seiner Partnerin ein.

Der wegen Raubs und Drogenhandels vorbestrafte Coulibaly verbüßte mehrere Gefängnisstrafen. Während seiner Haft wandelte er sich zum radikalen Muslim, offenbar angestachelt von seinem Mithäftling Cherif Kouachi. Vor seinem Tod sagte Coulibaly dem TV-Sender BFMTV in einem Telefoninterview, er sei Mitglied der Jihadisten-Gruppe "Islamischer Staat" (IS) und habe seine Taten mit den Kouachi-Brüdern abgestimmt. Auf die Frage, ob auch seine Partnerin in dem Supermarkt sei, antwortete er: "Nein, ich bin alleine. Meine Frau ist nicht da."

Mehr als 500 Telefongespräche

Boumeddiene hatte engen Kontakt zu Cherif Kouachis Frau Izzana Hamyd, die bereits am Mittwoch in Polizeigewahrsam genommen wurde. Nach Angaben der Ermittler führten die beiden Frauen im vergangenen Jahr mehr als 500 Telefongespräche. Die Verbindungsdaten und Mitschnitte werden nun ausgewertet, um die Rolle der beiden Frauen zu klären und mögliche weitere Komplizen ausfindig zu machen.

Die drei Attentäter von Paris hatten sich nach einem Bericht des französischen Fernsehsenders BFMTV bei ihren Taten eng abgestimmt. In einem Gespräch sagte Coulibaly, er habe sich mit den Brüdern Kouachi abgesprochen. Die beiden sollten das Satireblatt angreifen, er selbst wollte Polizisten ins Visier nehmen. Coulibaly sagte auch, er habe Instruktionen der Terrormiliz IS bekommen.

Höchste Sicherheitsvorkehrungen

Komplizin womöglich in Türkei oder Syrien
epa04553305 French police officers establish a perimeter during a police operation in North-Eastern Paris, France, 10 January 2015. There are unconfirmed reports that shots were fired near the Michkenot Israel synagogue in Paris' 19th arrondissement (district), with armed police responding quickly to secure the area. EPA/ETIENNE LAURENT
Die Abwehrmaßnahmen und Warnungen gegen Anschläge blieben in Frankreich indes unverändert auf der höchsten Stufe, kündigte Innenminister Bernard Cazeneuve nach der von Präsident Francois Hollande einberufenen Sitzung. Weitere spezielle Maßnahmen gegen den Terror seien für die kommenden Wochen geplant. "Wir sind in Anbetracht der Umstände Risiken ausgesetzt", so Cazneuve.

Mit Blick auf die geplante Kundgebung, an der zahlreiche europäische Regierungschefs teilnehmen wollen, kündigte nach Regierungschef Manuel Valls auch Cazeneuve alle notwendigen Maßnahmen an, um eine Veranstaltung in Gedenken und Respekt zu gewährleisten. Der Marsch wird unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden, es wird eine hohe Beteiligung erwartet.

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