In Moscheen wird für bedrohte Christen gebetet

Muslime in Frankreich solidarisch mit Christen des Orients.

In Frankreich wird in zahlreichen Moscheen die Freitagsandacht (der Freitag ist der wöchentliche Festtag der Muslime) diesmal der Solidarität mit den verfolgten Christen des Orients gewidmet sein. Diese Aktion, an der auch muslimische Gotteshäuser in anderen europäischen Ländern teilnehmen sollen, wurde von höchsten islamischen Würdenträgern in Frankreich beschlossen, darunter dem Vorsitzenden des „französischen Rats des muslimischen Kultes“ und Rektor der Pariser Groß-Moschee, Dalil Boubakeur, sowie dem Präsidenten der „Koordination der türkischen Muslime in Frankreich, Ahmet Ogras.

"Unseren christlichen Brüdern beistehen"

Gemeinsam mit den Vertretern der französisch-christlichen Solidaritätsbewegung „Christen des Orients in Gefahr“ haben die muslimischen Religionsführer den „Appell von Paris“ veröffentlicht: „Barbaren, die den Islam als Banner missbrauchen, sind dabei, die übelsten Verbrechen gegen die Menschheit zu begehen… Wir erneuern unsere Unterstützung für unsere christlichen Brüder im Orient, hauptsächlich Araber, sowie für alle anderen Minderheiten in der Region, die von terroristischen Gruppen in ihrer Existenz bedroht werden“.

Weiter heißt es in dem Appell: „Unsere christlichen Brüder des Orients, eine der ältesten Bestandteile der Region, haben das unantastbare Recht, auf ihrem Boden zu verbleiben, in Würde zu leben und ihren Glauben in vollster Freiheit zu praktizieren“.

Der Appell, so betonen seine Autoren, soll das Engagement der bisher eher ungehörten weil weniger lauten muslimischen Mehrheit gegen den Extremismus fördern und der „Verführung der jungen und beeinflussbarsten Muslime“ entgegenwirken.

Konvertiten und junge Mädchen als Dschihadisten

Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs gerieten über 900 Personen aus Frankreich in den Sog der Dschihadisten, darunter 40 Minderjährige aus Familien verschiedenster Konfession und Anschauung (Muslime, Christen, Atheisten und in ein zwei Fällen auch aus jüdischen Familien). Derzeit, so verlautbart das französische Innenministerium, würden sich 349 Personen aus Frankreich in Syrien aufhalten, 37 seien dort getötet worden.

Ein französischer Behördenvertreter erklärte gegenüber der Zeitung Le Monde, dass die Zahl der für den „Heiligen Krieg“ in Syrien Bereitwilligen zuletzt „explosionsartig angestiegen“ sei. Dabei würde der Anteil der jungen Frauen, oft auch Halbwüchsige, besonders zunehmen. Im August seien 175 Frauen in ein Dschihad-Projekt verwickelt gewesen, 60 seien tatsächlich nach Syrien gelangt.

Muslime wollen ihre Kinder heimholen

In der Berichterstattung der französischen Medien jagt ein Drama das andere: Soeben erst war es einer muslimischen Mutter mit Hilfe der französischen Behörden gelungen, ihrer 23 Monate jungen Tochter, die ihr Ex-Mann nach Syrien entführt hatte, in der Türkei wieder Habhaft zu werden und in einer französischen Militärmaschine heimzubringen. Aber jetzt ringen wieder muslimische Eltern um die Heimholung von drei Kleinkindern (aus zwei verschiedenen, geschiedenen Ehen), die von ihrem Vater beziehungsweise Stiefvater, einem vom Katholizismus zum Islam konvertierten Franzosen, vermutlich in ein Dschihadistenlager in Syrien entführt worden sind.

Bei den potentiellen Dschihadisten handelt es sich überwiegend um junge beziehungsweise sehr junge Personen, von denen sich ein Teil an der Schnittstelle zwischen Jugendkriminalität und radikalem, sektenartigem Islam („Salafismus“) bewegt. Das trifft auch oft auf die frisch zum Islam konvertierten Jugendlichen zu. Die eingangs erwähnten muslimischen Würdenträger haben wenig bis keinen Einfluss auf dieses junge Milieu. Die jetzige Initiative der religiösen Persönlichkeiten kann aber trotzdem die Mehrheit der traditionell-muslimischen Familien in Frankreich darin bestärken, sich gegen den Radikalismus zu wappnen und in eigenständiger Weise zu definieren.

Dabei geht es um die Zukunft des Islams innerhalb der säkularen französischen Republik. Es ist wohl auch kein Zufall, dass Persönlichkeiten wie der Rektor der Pariser Groß-Moschee, Dalil Boubakeur, sich schon zuvor an religionsübergreifenden Zusammenkünften und Erklärungen gegen judenfeindliche Vorfälle in Frankreich beteiligt hatten.

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