Q&A

Flüchtlinge können sich Zielland nicht aussuchen

Alle Augen sind auf die Flüchtlingsströme gerichtet. Täglich setzten bis zu 6000 Menschen auf die griechischen Inseln über. Meist ist ihr Ziel Lesbos (Bild).
Um Millionen davon abzuhalten, sich nach Europa aufzumachen, braucht es Geld und Organisation. Welche Schritte notwendig sind und wie vorgegangen wird.

Was sind die nächsten Schritte, die Europa setzen kann, um die Flüchtlingsströme einzudämmen?

Die UNO kann die vier Millionen Syrer, die in die Türkei, den Libanon und nach Jordanien geflohen sind, nicht mehr ausreichend versorgen. Wegen akuten Geldmangels mussten die Nahrungsmittel-Unterstützungen zuletzt massiv gekürzt werden. In Jordanien wurde etwa im August knapp 230.000 Flüchtlingen die Hilfe komplett gestrichen. Die Europäische Kommission hat nun vorgeschlagen, für diese vier Millionen Menschen in Syriens Nachbarländern zwei Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. 1,3 Milliarden davon sollen aus den bilateralen Beiträgen der EU-Mitgliedsstaaten kommen. Der Rest wird direkt aus dem EU-Budget beigesteuert.

Welche EU-Organisationen sind wie mit der Bewältigung der Flüchtlingsströme beauftragt?

Die Grenzschutzagentur FRONTEX entsendet Experten für die Registrierung der Migranten, beschafft sich Informationen über Routen und Arbeitsweise der Schlepper und unterstützt bei der Rückführung von Migranten. Das EASO (European Asylum Support Office) unterstützt bei der Registrierung von Asylwerbern und Bearbeitung der Anträge. EUROPOL und EUROJUST entsenden Ermittlerteams, um Schleuser aufzuspüren und zu verfolgen.

Und Österreichs finanzieller Beitrag dabei?

Entsprechend des EU-Budget-Anteils wird Österreich 2,3 Prozent davon beisteuern. Zusätzlich bringt Österreich bis zu 30 Millionen Euro für diese Programme auf.

Was muss bis zum nächsten Europäischen Rat in der Flüchtlingsfrage noch umgesetzt werden?

Flüchtlinge können sich Zielland nicht aussuchen
Der Aufbau der Hotspots an den Außengrenzen der EU soll vorangetrieben werden. 11 sind im Mittelmeerraum geplant, fünf davon in Griechenland. Österreich wird sich dabei besonders engagieren, schickt an die Hotspots in Griechenland rund 100 Mitarbeiter. "Bis Ende November sollen die Hotspots starten und die ersten bereits zum Jahresende voll funktionsfähig sein", heißt es aus dem Bundeskanzleramt.

Was passiert an den Hotspots?Dort werden die Flüchtlinge registriert – mit Fingerabdruck. Und dort soll bereits die Entscheidung fallen, wer Chancen auf Asyl hat. Migranten ohne Chance sollen sofort wieder zurückgeschoben werden. Für deren Abschiebung soll die Rolle der FRONTEX gestärkt werden. 670 Experten werden gebraucht, mehrheitlich in Griechenland. Die anderen Flüchtlinge werden nach einem EU-Schlüssel innerhalb der EU-Staaten aufgeteilt. Die Rede ist dabei vorerst von 120.000 Menschen.

Können sich die Flüchtlinge aussuchen, in welches Land sie möchten?

Nein, sie werden einem bestimmten Land in der EU zugewiesen – und erhalten auch nur dort ihre Grundversorgung. Beschließt etwa ein Flüchtling, der Lettland zugewiesen wurde, trotzdem nach Deutschland zu gehen, wird er dort keine finanzielle Unterstützung erhalten. Diese würde es für ihn nur in Lettland geben.

Wie kann man die Türkei, wo sich derzeit zweieinhalb Millionen Flüchtlinge aufhalten, unterstützen? Und auf diese Weise auch verhindern, dass sich weiterhin so viele Flüchtlinge auf den Weg nach Europa machen?

In erster Linie mit Geld – die Türkei erhofft sich bis zu drei Milliarden Euro von der EU. Die Türkei selbst hat bisher mehr als sechs Milliarden Euro für die Versorgung der Flüchtlinge aufgebracht.

Wie viele Flüchtlinge sind zurzeit unterwegs?

In den vergangenen 24 Stunden haben rund 6000 Flüchtlinge die türkische Küste erreicht. Auf den griechischen Inseln befinden sich derzeit 13.700 Flüchtlinge. 7000 Flüchtlinge sind in Piräus eingetroffen. 7000 Menschen sind Mazedonien angekommen, 6000 in Serbien, 7000 in Kroatien und rund 6000 in Ungarn.

Was wurde aus der Jagd nach den Schleuserbanden im Mittelmeer?

Gestern hat die zweite Phase des EU-Militäreinsatzes gegen kriminelle Schleuser begonnen. Dabei ist es ab sofort möglich, auch außerhalb der libyschen Küstengewässer fahrende Schiffe von Schleuserbanden zu stoppen und zu durchsuchen. Kriminelle werden festgenommen. Bisher war der Militäreinsatz auf das Sammeln von Informationen und die Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge begrenzt.

Und wie kann der Flüchtlingsstrom aus Afrika eingedämmt werden?

Am 11. und 12. November findet der EU-Afrika-Gipfel statt. Dabei soll mit afrikanischen Staatschefs gesprochen werden, wie Flüchtlinge in Afrika versorgt werden können. Auch das wird Geld kosten.

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