Erste Flüchtlinge zurück in die Türkei gebracht

Von Lesbos ans türkische Festland: Erste Flüchtlinge abgeschoben.
Griechenland beginnt mit den Abschiebungen. Vorbereitet ist die Türkei nicht.

Die Abschiebung von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei hat begonnen. Augenzeugen beobachteten am Montag in der Früh, dass zwei Schiffe mit 131 Migranten die griechische Insel Lesbos verlassen hätten. Bis zuletzt hatte Unklarheit darüber geherrscht, ob die Abschiebung wie geplant anlaufen kann, da auf Lesbos kaum Vorbereitungen dafür zu erkennen waren.

Migranten, die keinen Asylantrag gestellt haben

Busse brachten in der Früh Dutzende Migranten zum Hafen der Insel Lesbos, wie das griechische Fernsehen zeigte. Die Menschen wurden von Dutzenden Sicherheitsleuten begleitet. Das erste Schiff lief anschließend ins türkische Dikili aus, wie eine dpa-Reporterin beobachtete. Kurz darauf legte auch das zweite bereitstehende Schiff ab.

Als erstes wurden Migranten ausgewiesen, die keinen Asylantrag gestellt haben sollen, wie aus Kreisen der Küstenwache verlautete.

Etwa 400 Menschen sollten zunächst von den Inseln der Ostägäis abgeschoben werden. Die Behörden rechneten mit Widerstand, bei der Küstenwache war von einer explosiven Stimmung unter den Flüchtlingen die Rede.

Erste Flüchtlinge zurück in die Türkei gebracht
Migrants are escorted by anti-riot police inside the Moria migrant camp transformed in police-run detention facility in Mytilene, on Lesbos island on April 3, 2016. Migrants returns from Greece to Turkey will begin on April 4, 2016 under the terms of an EU deal that has worried aid groups, as Athens struggles to manage the overload of desperate people on its soil. Over 51,000 refugees and migrants seeking to reach northern Europe are stuck in Greece, after Balkan states sealed their borders. Hundreds more continue to land on the Greek islands every day despite the EU deal. / AFP PHOTO / ARIS MESSINIS

Proteste in der Türkei

In der Türkei wiederum gab es Proteste gegen die Aufnahme der Menschen. In Dikili herrschte bei den Behörden Ratlosigkeit. Der Bürgermeister des Küstenbezirks Dikili, Mustafa Tosun, kritisierte, die türkische Regierung habe die lokalen Behörden nicht über ihre Pläne informiert.

Mit dem umstrittenen Abkommen zwischen EU und Türkei will die EU den Zustrom von Flüchtlingen drosseln. Es sieht vor, dass alle Menschen, die seit dem 20. März illegal nach Griechenland übergesetzt sind, vom heutigen Montag an zwangsweise in die Türkei zurückgebracht werden können. Seit dem Stichtag trafen etwa 5.000 auf den Ostägäis-Inseln ein.

Ausgenommen von den Rückführungen sind nur Menschen, die nachweisen können, dass sie in der Türkei verfolgt werden. Die Regelung, das für jeden aus Griechenland abgeschobenen Syrer ein Syrer aus der Türkei legal in der EU aufgenommen wird, gilt zunächst für 72.000 syrische Flüchtlinge, die in der Türkei Zuflucht gesucht haben.

Erste Flüchtlinge zurück in die Türkei gebracht
TOPSHOT - Refugees and migrants including children who left the Chios registration camp, shout slogans and hold placards reading "'No Turkey" during a protest on April 3, 2016 as they camp out in the port of Chios. Greek and EU authorities on April 3, 2016 fine-tuned an operation to expel to Turkey hundreds of migrants denied asylum in a landmark deal slammed by rights groups. Officials declined to comment on the details of the operation, which is believed to begin early Monday from the Greek island of Lesbos where there are over 3,300 refugees and migrants.The operation could involve other Aegean islands with major refugee and migrant populations such as Chios, where agents of EU border agency Frontex were seen arriving on April 3, 2016. / AFP PHOTO / LOUISA GOULIAMAKI

EU-Kommission äußert sich nicht zu Zahlen

In vielen EU-Ländern gibt es gegen die Aufnahme von Syrern Widerstände. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Berlin wollen neben Deutschland Anfang der Woche auch die Niederlande, Frankreich, Finnland und voraussichtlich Portugal syrische Flüchtlinge aus der Türkei aufnehmen. Genaue Zahlen gibt es nicht. Die EU-Kommission, die bei der Koordinierung eine zentrale Rolle spielt, hat sich dazu bisher nicht geäußert.

Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber begrüßte den Start der Rückführungen. Dies sei "ein zentraler Schritt auf dem Weg zu Rückkehr zu Recht und Ordnung beim Migrationsthema in Europa", sagte der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel.

Nach den Grenzschließungen der Länder auf dem Balkan auf maßgebliches Betreiben Österreichs und der EU-Türkei-Einigung ist die sogenannte Balkanroute für Flüchtlinge endgültig dicht. In Deutschland ging die Zahl der Neuankömmlinge zuletzt massiv zurück. Landesweit wurden dort im März nur noch rund 20.000 neue Flüchtlinge registriert. Das geht aus dem sogenannten "Easy"-System von Bund und Ländern hervor, wie die Deutsche Presse-Agentur aus gut informierten Kreisen erfuhr. Im Februar waren es noch 61.428 gewesen, im Jänner 91.671.

Erste Flüchtlinge zurück in die Türkei gebracht
A refugee looks through a bus window as he waits to be transferred to the Moria registration centre after arriving at the port of Mytilene on the Greek island of Lesbos, following a rescue operation at open sea, April 3, 2016. REUTERS/Giorgos Moutafis

Kommentare