Verzweifelt in Piräus

Zeltlager im Hafen von Piräus. Die meisten der Flüchtlinge hier sind Afghanen
Hunderte Flüchtlinge stecken in Piräus fest. Was aus ihnen werden soll, wissen die Griechen nicht

Die Augen sind voller Hoffnungslosigkeit. Die Verzweiflung dringt bei jeder Frage der Flüchtlinge durch. "Nicht das Essen, nicht die Kleidung sind das Problem, sondern die Frage: Werden die Grenzen wieder aufgehen? Sollen wir das Camp verlassen?" Der Besuch von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil im Flüchtlingslager Shistos in Piräus sorgt für Aufregung.

Innerhalb von 15 Minuten versammeln sich 300 Flüchtlinge rund um die Limousine von Doskozil. Sie erhoffen sich ein positives Signal vom Minister. Die syrische Mutter Nisra schafft es trotz seiner Bodyguards, bis zu Doskozil vorzudringen. Unter Tränen schildert sie dem Verteidigungsminister ihre Flucht aus Aleppo und ihre verzweifelte Lage im Camp. Nicht, weil sie nur eine von zehn Syrern unter rund 1900 Flüchtlingen aus Afghanistan ist, sondern weil sie keine Perspektive sieht. Der SPÖ-Minister ist zum ersten Mal direkt mit den Folgen der österreichischen "Grenzen dicht"-Politik konfrontiert. Doskozil hört geduldig zu. "Ich will weiter, aber die Grenzen sind geschlossen", fleht Nisra Doskozil an. In einer Woche kommen Beamte des EU-Büros für Asylfragen (EASO) ins Lager und werden sich um die Syrer kümmern, antwortet ihr der Minister. Ein Hoffnungsschimmer für Nisra.

"Ich bin heimatlos"

Das Flüchtlingslager wurde vom griechischen Militär innerhalb von elf Tagen und Nächten nach der Schließung der Balkanroute aufgebaut. Das Relocation Center hätte eigentlich ein Transitlager sein sollen. Nun sitzen die Flüchtlinge fest. Hier am Hafen von Piräus, wo jeden Tag Kreuzfahrtschiffe ablegen, fühlen sich die Migranten eingequetscht zwischen den geschlossenen Grenzen in Mazedonien und der Türkei.

Ihre Situation ist besonders prekär. Denn die 1950 Flüchtlinge im Camp haben Griechenland vor dem 20. März erreicht. Das heißt, sie brauchen zwar keine Abschiebung in die Türkei zu fürchten. Ein Weiterkommen gibt es aber auch nicht. So bleibt nur mehr ein Asylantrag in Griechenland. Die Chance für Afghanen, in Griechenland einen positiven Asylbescheid zu bekommen, ist gleich null. Das bestätigt auch Verteidigungsminister Panos Kammenos: "Nur den Syrern geben wir Asyl." Zwei Wochen dauert das Asylverfahren. Fällt dieses negativ aus, bleibt eigentlich nur die Rückkehr oder sich nach Deutschland schleppen zu lassen.

Auch dem Afghanen Basir Ahmad macht diese Perspektive zu schaffen. Er hat als Übersetzer für die US-Armee in Kabul gearbeitet. Geht er zurück, müsse er wegen der Taliban um sein Leben fürchten. Zum Abschied meint er:"Ich bin heimatlos. Zurück kann ich nicht, und in Europa will man uns nicht haben." Auch die Griechen und die EU haben auf diese Frage keine Antwort. 50.000 Flüchtlinge haben ein Schicksal wie Basir.

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