Österreich von Balkan-Grenzschließung nicht informiert

Kälte könnte für Flüchtlinge gefährlich werden.
Kroatien, Serbien und Mazedonien schließen Grenzen für Wirtschaftsflüchtlinge. Kritik von NGOs.

Diese Woche haben mehrere Balkanländer die Grenzschließung für sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge beschlossen. Österreich sei darüber "nicht informiert worden", sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) beim Sondertreffen der EU-Innen- und Justizminister in Brüssel. Entscheidend sei für sie aber, "dass die Balkanstaaten die Registrierung der Flüchtlinge vornehmen", sagte die Ministerin.

Dabei solle auch zwischen "Schutzbedarf und nicht Schutzbedarf" differenziert werden und die nicht Schutzbedürftigen wieder in die Herkunftsländer gebracht werden, forderte Mikl-Leitner. Österreich mache dies auch.

Warnung

Mehrere Hilfsorganisationen haben indes vor den Folgen der neuen Grenzkontrollen gewarnt. Wegen der von Mazedonien, Slowenien und anderen Staaten eingeführten Maßnahmen säßen einige Familien fest, erklärten Vertreter der Vereinten Nationen und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) am Freitag. Die Spannungen an den Grenzen verschärften sich.

Am Mittwochabend bzw. Donnerstag früh hatten nacheinander Kroatien, Serbien und Mazedonien ihre Grenzen für alle Flüchtlinge mit Ausnahme von Syrern, Irakern und Afghanen geschlossen (mehr dazu unten). Auch wenn der überwiegende Großteil der Schutzsuchenden aus diesen drei Staaten stammt, sitzen nun Hunderte Menschen oft ohne Papiere entlang der Balkanroute fest.

Sorge wegen Wintereinbruchs

"Wir fürchten, dass Menschen genau zum Wintereinbruch ohne Unterkunft, Nahrung und Hilfe auf dem Balkan stranden", erklärte Stephane Moissang, Landeskoordinator von "Ärzte ohne Grenzen" in Serbien. Die Betroffenen bekämen oft keinerlei Information darüber, wohin sie gehen oder was sie tun sollen.

"Es ist nicht akzeptabel, dass Asylsuchende nach Nationalitäten segregiert werden. Das Recht auf universellen Zugang zu Asylverfahren muss gewährleistet sein", fügte Moissang hinzu. "Wir fürchten, dass die Schließung der Grenzen für einige dazu führen wird, dass die Abgewiesenen nur noch gefährlichere Routen wählen."

Die Grenzschließung durch mehrere Balkanstaaten für sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge hat auf Slowenien vorerst keine Auswirkungen. "Die Entscheidungen Serbiens und Mazedoniens zeichnen sich in der Struktur der Migranten, die an unsere Grenze kommen, vorerst noch nicht ab", sagte Polizeisprecherin Vesna Drole am Freitag.

Slowenien selbst lässt laut der Polizei nach wie vor alle Flüchtlinge ins Land einreisen. "Die Aufnahmepolitik, auch gegenüber den Wirtschaftsmigranten, hat sich nicht verändert", hieß es. Die Frage wie mit diesen Flüchtlingen umzugehen sei, werde jedoch Thema bei einem Treffen der Polizeichefs der Länder entlang der Balkanroute kommende Woche im slowenischen Brdo sein.

Bereits am Donnerstag hatte Bostjan Sefic, Staatssekretär im Innenministerium, betont, dass Slowenien nicht alle Wirtschaftsflüchtlinge automatisch nach Kroatien abschiebe. Bei einer davon betroffenen Gruppe von 160 Marokkanern habe es sich um einen Einzelfall gehandelt, so Sefic. Das hätte Slowenien auch Kroatien und Serbien erklärt.

Vorwürfe von Kroatien

Der kroatische Innenminister Ranko Ostojic warf Slowenien dennoch vor, einen Domino-Effekt ausgelöst zu haben. "Slowenien hat diesen Akt vollzogen, der sich nicht nur auf Staatsbürger von Marokko, sondern auf viele andere Länder bezieht, die offenbar den Flüchtlingsstrom auszunutzen versuchten. In diesem Moment kommt es zum Domino-Effekt", sagte der Innenminister am Donnerstagabend gegenüber dem kroatischen Privatsender RTL.

Laut Ostojic wird das insbesondere an der mazedonisch-griechischen Grenze zum größten Problemen führen. "Griechenland müsste als erstes EU-Land die Registrierung durchführen und jene Menschen, die kein Recht auf Asyl haben, gleich aufhalten und zurückschicken", sagte der kroatische Innenminister.

Slowenien lehnt "Mini-Schengen" ab

Slowenien lehnt unterdessen die Idee eines "Mini-Schengen-Raumes", der neben den Beneluxstaaten auch Österreich und Deutschland umfassen soll, ab. Dieser Vorschlag, wenn er stimme, sei für Slowenien "vollkommen inakzeptabel", hieß es am Donnerstagabend aus dem Büro des slowenischen Regierungschefs Miro Cerar laut Nachrichtenagentur STA.

Slowenien sei ein "glaubwürdiges" Mitglied des Schengen-Raumes, das die Schengengrenze trotzt einen starken Migrationsstrom kontrolliere, betonte der slowenische Premier am Rande seines Treffens mit britischen Amtskollegen David Cameron am gestrigen Donnerstag in London.

Ein derartiger informeller Vorschlag vonseiten der Niederlande würde laut Cerar gegen das EU-Recht verstoßen. "Das deutet in der Tat auf den Bedarf hin, die EU-Außengrenze zwischen Griechenland und der Türkei zu stärken", wurde der Premier von seinem Büro zitiert.

Der slowenische Staatspräsident Borut Pahor setzt sich ebenfalls dafür ein, dass Slowenien ein Teil des Schengen-Raums bleibt, berichtete die Tageszeitung Dnevnik unter Berufung auf die Präsidentschaftskanzlei.

Der slowenische Außenminister Karl Erjavec bezeichnete unterdessen die Medienberichte über den "Mini-Schengen-Raum" als "Spekulationen", die den ungewissen Zeiten auftauchen würden, wie er zur Tageszeitung Delo sagte. "Slowenien ist Teil des Schengen-Raums und dabei wird es auch bleiben", sagte Erjavec.

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