Fix: Renzis Reform-Regierung steht

Viel Glück: Den Wunsch einer Passantin kann Renzi brauchen
Frischer Wind: Der neue Premier und sein Team müssen viele Dinge zeitgleich anpacken.

Matteo Renzi macht Tempo: Bereits am Freitag präsentierte er seine Ministerliste. Er versicherte mit heiserer Stimme, sich sofort an die Arbeit machen, um den Italienern wieder Hoffnung zu geben. Am Samstag wird der 39-jährige Renzi als neuer Regierungschef vereidigt.16 Minister, erstmals sind die Hälfte davon Frauen, sollen den jüngsten Regierungschef, den Italien je hatte, bei dem Neustart unterstützen. Nach längerem Feilschen wurde Renzis stärkster Koalitionspartner Angelino Alfano (43) von der Mitte-Rechts-Partei NDC als Innenminister im Amt bestätigt. Neuer Wirtschaftsminister von "exzellentem Ruf" wird der OECD -Vizechef Pier Carlo Padoan. Das Außenministerium geht an Federica Mogherini. Premier Renzi will im Monatstakt seine Reformen durchbringen – angefangen vom Wahlrecht über Arbeitsmarktreform, Steuerreform und Reform der Verwaltung. Der Generationenwechsel ist schneller als erwartet über die Bühne gegangen. Seine Mannschaft soll verkrustete Strukturen aufbrechen.

Die Erwartungen an den "Verschrotter" aus Florenz, so sein wenig schmeichelhafter Beiname, sind groß. "Nun muss er beweisen, dass es sich um keinen Bluff handelt und er wirklich imstande ist, Italien zu verändern – was bisher niemand vollbrachte. Angefangen bei der absoluten Priorität: Arbeitsplätze zu schaffen", sagt Jungakademiker Giacomo Segantini zum KURIER. "Besonders sympathisch" findet Segantini den Senkrechtstarter nicht: "Renzi ist draufgängerisch, was im Moment aber nicht schlecht ist. Denn Italien braucht jemanden, der die Spielregeln ändert."

"Pokerspieler"

Das Risiko für den "Pokerspieler", als der Renzi in Rom auch tituliert wird, sei aber hoch: "Was passiert, wenn der ,große Verschrotter‘ scheitert?" Dann vergehen, so fürchtet Segantini, wieder Jahrzehnte, bis sich jemand neu präsentieren kann.

Renzis Vorhaben stellen eine "ebenso gefährliche wie innovative Unbekannte" dar, analysiert der Soziologe Massimo Marnetto. Er würde bei seinen unbefangenen Verhandlungen mit Berlusconi unterschätzen, dass dieser ein Feind der Legalität sei.

"Bei Wirtschaftsreformen und sozialer Gerechtigkeit denkt er eher wie ein Unternehmer als ein Politiker", so Marnetto. Positiv findet der Experte Renzis kommunikative Art, mit der er bereits als Florentiner Bürgermeister punktete. "Das kommt gut an, die Leute wählen denjenigen, dessen Sprache sie verstehen", lobt Marnetto das volksnahe Auftreten.

Ob der 39-jährige Regierungschef bei seinem Vorhaben, Italien auf den Kopf zu stellen, allerdings erfolgreich sein wird, hänge von vielen Unsicherheitsfaktoren – allen voran einer stabilen Mehrheit im Parlament – ab. Entscheidend ist vor allem eine Person, die im Land nach wie vor die Fäden zieht. "Berlusconi wird bei negativen Gerichtsurteilen wieder Regierungspläne sabotieren", prophezeit Marnetto. Daran ändert auch nichts, dass dem 77-jährigen Cavaliere nach seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs ein Jahr Hausarrest bevorsteht.

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