Faktencheck: Wer braucht eigentlich noch die G-7?

Dieses Jahr fand der G-7-Gipfel in Japan statt.
Ist das Konzept der mächtigen Siebenergruppe überholt? Ein Faktencheck.

Die Welt stolperte in den vergangenen Jahren immer wieder von einer Krise in die nächste: Immobilien, Banken, Wirtschaft oder Flüchtlinge. Jahrzehntelang galt ein Forum als Instanz, solche Krisen überwinden zu können: die G-7, bestehend aus den USA, Deutschland, Frankreich, Italien, Kanada, Japan und Großbritannien. Nach dem Nixon- und Ölschock der 1970er-Jahre sollten die informellen Treffen der Sieben ein Garant für die stabile wirtschaftliche Entwicklung der Welt sein. Doch die Zusammensetzung der "Group of Seven" stammt wie der Ursprung der Initiative aus dem vergangenen Jahrhundert. Ist das Modell der G-7 mittlerweile überholt? Und wie mächtig sind sie wirklich? Können Länder wie China, Indien, Russland oder Brasilien weiterhin ignoriert werden? Ein Faktencheck.

Die G-7 repräsentieren nicht die Mehrheit der Menschen

Das war eigentlich seit der Gründung der Gruppe nie der Fall. Jedoch hat sich das Verhältnis weiter verschoben. Im Jahr 1976, damals fand der erste G-7-Gipfel statt, repräsentierten die Staaten rund 15 Prozent der Weltbevölkerung. Mittlerweile sind es nur noch zehn Prozent. Dieses Missverhältnis wird den G-7 von Kritikern auch immer wieder vorgeworfen: Eine kleine Gruppe trifft für den Rest der Welt Entscheidungen. Heinz Gärtner vom Österreichischen Institut für Internationale Politik (OIIP) sieht das ähnlich: "Die G-7 sind ein elitärer Klub, der ohne die Beteiligung des Großteils der Welt abläuft."

Die Siebenergruppe habe auf jeden Fall an Bedeutung verloren, sie sei eine überholte Institution; und das schon seit dem Ende der Neunzigerjahre. Das hat auch US-Präsident Barack Obama erkannt und mit den G20 ein Forum geschaffen, das dieses Problem beheben hätte sollen. "Allerdings haben die G20 nie die Bedeutung erlangt, die ihnen zugedacht war", sagt Gärtner zu KURIER.at.

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Der Rest der Welt hat wirtschaftlich aufgeholt

Ein Hauptgrund warum die G-7 in den 1970er-Jahren aus ihren Mitgliedern zusammengesetzt wurde, war deren wirtschaftliche Macht. Damals saß der Welt noch der Nixon-Schock, eingeläutet durch das Ende der Gold-Dollar-Parität 1971 und der Ölpreis-Schock von 1973, in den Knochen. Die G-7-Treffen standen damals vor allem im Zeichen, die Weltwirtschaft wieder ins Lot zu bringen.

Vierzig Jahre später hat der Rest der Welt aufgeholt. China ist mittlerweile die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Und Länder wie Brasilien haben ebenfalls die Phalanx der wirtschaftlichen Dominanz der G-7-Länder aufgebrochen. Allein deshalb sei es schon notwendig, die Gruppe der G-7 zu erweitern, sagt Gärtner.

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Die Reichen sind nach wie vor hauptsächlich in den G-7-Staaten beheimatet. Hier zeigt sich die Dominanz der USA: Laut World Health Report liegt mehr als ein Drittel des weltweiten Vermögens in US-amerikanischen Händen; nimmt man Nordamerika und Europa zusammen sind es mehr als zwei Drittel. Damit gehe auch eine große Verantwortung einher, erklärt Politikwissenschaftler Gärtner. Trotzdem werde es die Siebenergruppe nicht alleine schaffen, die brennendsten Probleme auf der Welt zu lösen.

Die G-7 können große Probleme nicht alleine lösen

Beispiel Klimaschutz: Im Abschlusskommuniqué des G-7-Treffens wurde das im vergangenen Herbst verabschiedete Pariser Klimaabkommen betont. Noch dieses Jahr soll es umgesetzt werden, heißt es in der Kundmachung der G-7. Was sagen aber die großen Umweltsünder dazu? China, Indien und Russland liegen beim CO2-Ausstoß neben den USA an der Spitze. "Es wäre sinnvoller Themen von solch globalem Ausmaß vom G-7-Treffen abzukoppeln", sagt Heinz Gärtner. Als Vorbild nennt er hier die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE): Dort habe man in den Achtzigerjahren Abrüstungsfragen ausgelagert und gesondert behandelt, da sie den restlichen Prozess blockierten.

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Die G-7 können Themen setzen

Auch wenn die G-7 an Bedeutung verloren haben, so können sie weiterhin eine wichtige Rolle für die Welt spielen, sagt Gärtner. Sie hätten zwar keine Problemlösungskapazitäten, dazu brauche es den Rest der Welt, "aber sie können eine Agenda-Setting-Rollen einnehmen, wichtige Themen setzen", mit denen man sich auseinandersetzen müsse, sagt Gärtner. Ignorieren kann man sie auf keinen Fall, zählen die Sieben doch zu den mächtigsten Staaten der Welt.

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