"Europa steckt in der Sackgasse“

EU-Kritiker Vaclav Klaus sprach während seines Staatsbesuchs in Österreich mit dem KURIER.

Europaskeptiker, Europagegner, das sind die Titel, die Vaclav Klaus regelmäßig umgehängt bekommt. Der tschechische Präsident sieht sich allerdings nicht so. „Europafeindlichkeit, mit solchen Begriffen kann ich nichts anfangen“, stellt er gegenüber dem KURIER klar: „Mir geht es um die politische und wirtschaftliche Analyse des Zustands, in dem sich die EU befindet – ich bemühe mich also einfach um Euro-Realismus.“

Und diese Analyse fällt, wie man es von Klaus eben gewohnt ist, ziemlich negativ aus. Bei der Präsentation seines neuen Buches „Europa b raucht Freiheit“ im Wiener Haus der Industrie kritisiert der studierte Ökonom erneut die EU und vor allem die Währungsunion aufs Schärfste: „Die Uneinheitlichkeit in der Eurozone ist untragbar, als ob man versuchen würde, einen kleinen Fiat und einen Alfa-Sportwagen zu einem Auto zusammenzubauen.“ Die „kosmetischen Maßnahmen“, die man derzeit mit all den Rettungsschirmen und Rettungspaketen setze, könnten allesamt nicht wirken. Ein Land wie Griechenland könne „nicht mit Deutschland in einer Währungsunion sein“. Eine Währungsunion könne es nur unter den Ländern Mittel- und Nordeuropas geben: So wie sie zwischen Deutschland, Österreich und den Niederlanden– durch die Bindung der Währungen an die D-Mark – schon lange vor dem Euro existiert habe.

Arbeit und in der Sonne liegen

Warum, das erklärt der überzeugte Wirtschaftsliberale einigermaßen simpel: „Griechenland ist eben Griechenland, da hat man eine andere Wesensart, eine andere Position zwischen Arbeit und in der Sonne liegen.“ Er, Klaus, wolle diese Haltung keineswegs kritisieren , allerdings könne man die Gegensätze zwischen den Ländern des Südens und jenen des Nordens nicht in einer Währungsunion zusammenzwingen. Die Milliarden, die derzeit nach Athen flössen, seien kein Rettungsschirm für Griechenland, sondern lediglich für „die Utopie der Eurozone“. Und diese Utopie würde gegen den Willen der Bürger Europas verfolgt, die nämlich die „unnötige Gleichschaltung und Zentralisierung“ aus Brüssel überhaupt nicht wollten. Klaus, der ja gegen EU-Verträge schon vor das tschechische Höchstgericht gezogen ist, nennt die EU daher inzwischen „postdemokratisch“, es herrsche eine „Diktatur des Europäismus“.

Für Klaus steckt Europa „in einer Sackgasse“, und in der komme man eben nicht mit kleineren Manövern weiter, sondern nur, indem man umgehend kehrt mache: „Europa braucht einen fundamentalen Systemwandel, das kann man nicht auf einem Gipfel in Brüssel erledigen.“

Der neue Kurs, den Klaus skizziert, führt – zumindest augenscheinlich – in die Vergangenheit, zu den Nationalstaaten. Klaus hält eine Union solcher Nationalstaaten mit eigenen Währungen und eigener Finanzpolitik für den derzeit einzig gangbaren Weg: „Mag sein, dass das eine Rückkehr in die Vergangenheit ist. Mir aber geht es nicht um Nationalstaaten im Sinne eines Nationalismus, sondern einfach um wirtschaftlich vernünftige Strukturen.“ Und diesen Staaten verschreibt der Ökonom gleich eine wirtschaftliche Rosskur dazu. In Europa fehle es inzwischen an marktwirtschaftlichem Denken und an Unternehmergeist. So wie bei den Nationalstaaten müsse der Kontinent auch wirtschaftlich zu „seinen Wurzeln zurückkehren“. Klaus wünscht sich eine „Marktwirtschaft ohne Adjektive: Wir müssen dem Westen das westliche Denken zurückgeben.“

BUCHTIPP: Vaclav Klaus: „Europa braucht Freiheit“, Plädoyer eines Mitteleuropäers, LIT-Verlag, 24,90 € .

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