Juncker will Ankara bei Visafreiheit nicht entgegenkommen

Kommissionspräsident verteidigt zugleich Flüchtlingsvereinbarung mit der Türkei.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will der Türkei im Streit um die Visafreiheit nicht entgegenkommen. Zugleich bekräftigte er die Notwendigkeit, an der Flüchtlingsvereinbarung mit Ankara festzuhalten. Die Europäische Union (EU) habe zu Beginn des Jahres nicht länger zuschauen können, "wie Zehntausende in der Ägäis sterben", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagsausgabe).

Die EU müsse auch mit schwierigen Nachbarn wie der Türkei zusammenarbeiten, sagte Juncker. "Nicht, weil wir diese oder deren Regierungen alle besonders lieben", sondern um menschliches Leid zu lindern.

Zur Visafreiheit sagte der EU-Kommissionschef: "Grundrechte, wie etwa die Pressefreiheit, dürfen nicht einfach mit dem Hinweis auf die Anti-Terror-Gesetzgebung ausgehebelt werden." Die EU verlangt von der Türkei unter anderem eine Änderung der Anti-Terror-Gesetzgebung, bevor die geplante Visafreiheit für Türken in der EU eingeführt werden kann.

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatte dem Magazin "Focus" mit Blick auf ein mögliches Platzen des Flüchtlingsdeals gesagt, wenn die EU über einen starken Grenzschutz verfüge, erübrige sich ein solches Abkommen. Die Türkei nimmt seit April auf den griechischen Inseln ankommende Flüchtlinge zurück. Die Flüchtlingszahlen in Europa sind deutlich gesunken.

Allerdings wächst angesichts der innenpolitischen Ereignisse in der Türkei die Kritik an der Zusammenarbeit mit Präsident Recep Tayyip Erdogan. Seit dem gescheiterten Putschversuch Mitte Juli geht Erdogan mit harter Hand gegen vermutete Gegner vor. Zehntausende wurden verhaftet oder entlassen, darunter Richter, Staatsanwälte und Journalisten. Zuletzt hatte die Türkei mit der Aufkündigung des Flüchtlingsabkommens gedroht, sollte das Land nicht bis Oktober die Visafreiheit erhalten.

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