Wasser marsch: Kampf um Ausverkauf

Am Donnerstag berät das EU-Parlament über die neue Wasser-Richtline - die Sorge um Privatisierung ist nicht unbegründet.

Die EU will unser Wasser privatisieren“, „Achtung: Wasser wird zwangsprivatisiert“ – derartige Warnungen geistern seit geraumer Zeit per Facebook, eMail & Co. durch das Internet und werden auch von einigen Bürgerinitiativen und Politikern geäußert. Oft folgt ein Schreckensszenario, das ungefähr so aussieht: Große Konzerne würden mit Hilfe der EU alsbald im Lande einfallen und sich unser gutes Trinkwasser unter den Nagel reißen – um es dann, in schlechterer Qualität und zu höheren Preisen, an die Bürger zu verkaufen.

Auch wenn sie in der Ausprägung wohl überzogen ist, so ist die Sorge im Kern nicht gänzlich unbegründet.

Konzessionsrichtlinie

Tatsächlich hat die EU-Kommission eine sogenannte Konzessionsrichtlinie vorgelegt, mit der sich am Donnerstag das EU-Parlament beschäftigt. Die Richtlinie soll einheitliche Regeln bringen, wenn etwas von der öffentlichen in die private Hand wechselt. Sie umfasst eine Reihe von Bereichen – unter anderem auch die Wasserversorgung.

Vorweg: Von einer Zwangsprivatisierung ist keine Rede. Es soll auch in Zukunft den Kommunen überlassen bleiben, ob sie selber die Wasserversorgung betreiben oder nicht. Entscheiden sie sich jedoch für eine Privatisierung, dann soll – so der Plan der Kommission – künftig eine europaweite Ausschreibung Pflicht sein. Dort, so fürchten Kritiker, wären die internationalen Multis dann übermächtig.

Wasser marsch: Kampf um Ausverkauf
Josef Weidenholzer, president of Austrian social aid organisation Volkshilfe, attends a news conference in Linz November 25, 2010. REUTERS/Herwig Prammer (AUSTRIA - Tags: SOCIETY)
„Die Privatisierung erfolgt über die Hintertür“, kritisiert der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer. Wohl sei eine Privatisierung nicht zwingend, „aber wenn eine Gemeinde unter finanziellem Druck steht und privatisieren will, dann muss sie europaweit ausschreiben. Schon jetzt gibt es Länder, wo das genau so passiert.“

Beispiel Südeuropa

Weidenholzer bezieht sich auf Portugal und Griechenland: Beide Länder bekommen Hilfsgelder von der EU und müssen Reformen mit den Geldgebern absprechen. Die sogenannte Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank hat auf die Privatisierung mehrerer portugiesischer und griechischer Wasserversorger gedrängt. Durch den Verkauf gibt es zwar Einmal-Effekte für die Budgets – die Rechnung zahlen aber oft die Bürger, wenn die Wasserrechnungen steigen. Laut einem ARD-Bericht sind die Wasserpreise in einem Ort in Portugal nach der Privatisierung um 400 Prozent gestiegen.

Überhaupt gibt es hauptsächlich Negativ-Beispiele: In London seien nach der Privatisierung die Leitungen nicht mehr gepflegt worden, sagt Weidenholzer. In Berlin, wo die Wasserversorgung 1999 teilprivatisiert wurde, hat die Stadt mittlerweile mit dem Rückkauf begonnen – mit erheblichen Verlusten.

Gemeinde-Kooperationen

Aus österreichischer Sicht wäre es u.a. wichtig, dass sich auch künftig mehrere Gemeinden bei der Wasserversorgung zusammentun können, ohne dass dies gleich europaweit ausgeschrieben werden muss. Hier gibt es positive Signale der Kommission für eine Änderung.

Ein zweiter entscheidender Punkt: Konstruktionen mit halböffentlichen Unternehmen, die es in Österreich schon gibt, etwa die Linz AG, die Salzburg AG oder die Styrian Aqua, die schon heute die Wasserversorgung von Gemeinden übernommen haben.

"So öffnet man der Privatisierung die Tür"

SPÖ-Mandatar Weidenholzer wäre es am liebsten gewesen, man hätte die Wasserversorgung gänzlich aus der Richtlinie gestrichen: „Diese Dinge laufen immer graduell, Schritt für Schritt. Jetzt wäre der Zeitpunkt gewesen zu sagen: Wir machen das nicht. Aus. Fertig. So öffnet man der Privatisierung die Tür.“

Jetzt hofft er, dass bis zum endgültigen Beschluss der Richtlinie noch Änderungen durchgebracht werden. Nachdem sich am Donnerstag der Binnenmarktausschuss damit befasst, soll im Frühjahr das Plenum im EU-Parlament abstimmen. Dann geht es in Verhandlungen mit der Kommission und dem Minister-Rat weiter.

Helfen die Verhandlungen nichts, könnte Österreich sich zu guter Letzt noch ein Beispiel an den Niederlanden nehmen, sagt Weidenholzer: Dort schreibt die Verfassung vor, dass Wasser öffentlich angeboten wird.

Zwei Jahre nach der Volksbefragung, bei der die Wiener zu Nacht-U-Bahn & Co. befragt wurden, können 1,2 Millionen Bürger Anfang März erneut an die Urnen. Es geht um vier Fragen – von denen vor allem eine von realpolitischer Relevanz ist. Und zwar jene über das Parken. Die Wiener sollen entscheiden, ob für jeden Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden sollen oder ob es – wie bisher – Lösungen für einzelne Bezirke geben wird.

Stadt versus Bezirk

Es geht somit auch um das Match Stadt versus Bezirke. Geben die Wiener der ersten Antwortmöglichkeit den Vorzug, „entscheidet letztendlich die Stadt und nicht, wie bisher vereinbart, nur der Bezirk“, formuliert es der Grüne Gemeinderat Christoph Chorherr auch ganz eindeutig. „Die Ausweitung schrittweise auf ganz Wien wird so deutlich schneller kommen.“

Doch Politologe Hubert Sickinger kann sich nicht vorstellen, dass sich diese Variante bei der Befragung durchsetzt: „Schon gar nicht in Flächenbezirken wie Floridsdorf oder Donaustadt. Dort ist die Lust nach einer Ausweitung des Parkpickerls gering.“ Sickinger hält die Fragestellung ohnehin für „entbehrlich“. Sie gehe schließlich zielgenau an dem vorbei, was die Opposition mit ihrer Unterschriften-Aktion zu einer Pickerl-Volksbefragung ursprünglich im Sinn hatte.

Allemal handle es sich noch um einen Kompromiss, um nicht die Regeln der Stadtverfassung hinsichtlich Volksbefragungen zu brechen. „Reine Symbolpolitik“ ist für den Politologen auch die Frage nach dem Schutz der kommunalen Betriebe und dem Ausbau erneuerbarer Energien. „Hier wird wohl kaum jemand dagegen sein.“

Bleibt noch das massentaugliche Thema Olympia-Bewerbung für das Jahr 2028. Ganz offensichtlich ein medialer Coup des Bürgermeisters, um von der leidigen Parkpickerl-Misere ablenken zu können. Sickinger sieht das ähnlich. „Grundsätzlich ist es wichtig, dass über so ein teures Projekt abgestimmt wird. Es ist aber unklar, wie ernst es die Stadt damit meint.“ Somit sei es für ein Volksvotum noch zu früh.

Apropos teuer: Die Volksbefragung wird voraussichtlich 6,5 Millionen Euro kosten. Anders als 2010 sind die Fragen diesmal nicht mit suggestiven Begleittexten versehen, die klar machten, welches Ergebnis dem Fragesteller genehm ist. Stattdessen wird es wie in der Schweiz ein Abstimmungsbuch mit den jeweiligen Pro- und Contra-Argumenten geben.

Marslandung

Die Opposition lässt sich damit nicht abspeisen. Offenbar sei kein Platz mehr für Fragen nach schönem Wetter oder einer geplanten Marslandung gewesen, formuliert es ÖVP-Chef Manfred Juraczka. FPÖ-Klubchef Johann Gudenus ortet einen „demokratiepolitischen Skandal“. Immerhin ist die Opposition erst kurz vor der offiziellen Mitteilung über die Fragen informiert worden.

Im kommenden Jahr, vermutlich in der ersten Märzwoche, wird in Wien die mittlerweile achte Volksbefragung abgehalten. Die Bundeshauptstädter werden zu den Themen Parkraumbewirtschaftung, Olympische Sommerspiele, Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und Bürger-Solarkraftwerke um ihre Meinung gefragt. Bürgermeister Michael Häupl ab am Freitag im Gemeinderat die Fragen in einer Mitteilung bekannt. Im Folgenden die vier Fragestellungen im Wortlaut:

1. Wie soll die Parkplatzsituation und Lebensqualität für Bezirksbewohner/innen verbessert werden?

A) Es sollen für jeden Wiener Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden.

B) Es soll Lösungen für einzelne Bezirke geben (mit Berücksichtigung der Interessen der Nachbarbezirke)

2. Soll sich die Stadt um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2028 bemühen?

3. Die kommunalen Betriebe bieten der Wiener Bevölkerung wichtige Dienstleistungen. Zum Beispiel Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Energie, Spitäler, Gemeindewohnbauten und öffentliche Verkehrsmittel. Sind Sie dafür, dass diese Betriebe vor einer Privatisierung geschützt werden?

4. Soll die Stadt nach dem Beispiel der Bürger/innen-Solarkraftwerke weitere erneuerbare Energieprojekte entwickeln, die mit finanzieller Beteiligung der Bürger/innen realisiert werden?

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