EU

Juncker-Kommission: Gestalten statt verwalten

Behördenchef Juncker: Seine Kommission soll politischer werden.
Analyse: In Brüssel steht eine Revolution bevor.

Ein letztes Mal trat Jose Manuel Barroso am Dienstag vor das EU-Parlament, um Bilanz zu ziehen. Nach zehn Jahren mit Barroso an der Spitze der EU-Kommission wird heute das Team seines Nachfolgers gewählt. Die Zustimmung des Parlaments zur Kommission von Jean-Claude Juncker gilt als Formsache.

Einiges wird sich ändern in der "EU-Regierung", wenn die Juncker-Kommission Anfang November ihre Arbeit aufnimmt. Gemessen am Tempo der Brüsseler Politik ist nachgerade eine Revolution zu erwarten.

Politiker statt Beamte

Denn von Juncker ist eine 180-Grad-Wende in der Ausrichtung der Kommission zu erwarten: Die Barroso-Kommission hat sich als Behörde verstanden, die auf Zuruf der Mitgliedsstaaten verwaltete – aber nicht gestaltete. "Wir sind Beamte, keine Politiker" – diesen Satz hat man von hochrangigen Kommissionsmitarbeitern in den vergangenen Jahren sehr oft gehört. Man darf davon ausgehen, dass Juncker ein grundlegend anderes Jobverständnis an den Tag legen und auch von seinen Kommissaren erwarten wird: Die Juncker-Kommission soll ein echter politischer Player in der Union werden.

Dazu dient die neue Struktur: Unter Juncker sollen die Kommissare in Gruppen arbeiten, die jeweils von einem der sieben Vizepräsidenten koordiniert werden. Diese haben von Juncker mehr Macht bekommen und sollen auch politisch dafür gerade stehen, was in ihrem Bereich geschieht.

Große Fragen anpacken

Das Kalkül: Durch die sieben "Cluster" sollen die Kommissare nicht mehr jeder für sich, sondern mit einem Gesamtkonzept im Rücken arbeiten. Die Vizepräsidenten wiederum sollen die Politik der Kommission nach außen verkörpern – und nach innen für eine bessere Fokussierung sorgen. Die Regulierungsflut, die es unter Barroso teilweise gab – Stichwort: Olivenölkännchenverordnung –, soll prompt gestoppt werden. Junckers Motto: "Klein bei kleinen Fragen, groß bei großen Fragen."

Und dazu passt, wie Juncker ins Amt kam: Während Barroso Kompromisskandidat eines Deals der Staats- und Regierungschefs hinter verschlossenen Türen war, wurde Juncker als Spitzenkandidat der Christdemokraten bei der EU-Wahl vom Parlament gepusht – und von den Regierungen eher widerwillig akzeptiert. Junckers Hausmacht in Brüssel liegt also weniger bei den Mitgliedsstaaten, mehr im Parlament.

Dessen Unterstützung dürfte Juncker in den kommenden Jahren wohl immer wieder brauchen: Um Reformen und mutige Entscheidungen in wichtigen Fragen zu erzielen, wird er öfter als Barroso auf Konfrontationskurs zu den Regierungen gehen müssen.

Kommentare