Ukraine wählte pro-europäisch

Sieg des Regierungslagers: Nach ersten offiziellen Ergebnissen kommen Poroschenko-Block und neue Volksfront von Regierungschef Arseni Jazenjuk auf jeweils 21 Prozent der Stimmen.

Bei der Parlamentswahl in der Ukraine stehen die prowestlichen Kräfte um Präsident Petro Poroschenko vor einem klaren Sieg. Nach ersten offiziellen Ergebnissen kommen der Poroschenko-Block und die neue Volksfront von Regierungschef Arseni Jazenjuk auf jeweils mehr als 21 Prozent der Stimmen, wie die Wahlleitung in Kiew nach Auszählung von rund einem Viertel der Stimmzettel am Montag mitteilte. Die ebenfalls neue proeuropäische Kraft Samopomoschtsch (Selbsthilfe) erhielt demnach rund 10,6 Prozent. Unsicher war zunächst, ob die Partei Poroschenkos oder die Jazenjuks stärkste Kraft wird. So oder so ist es ein enttäuschendes Ergebnis für den Präsidenten. Unter dreißig Prozent war wohl nicht erwartet worden.

20 Prozent "Schokolikör"

Kurz vor Schließung der Wahllokale sickerten bereits die ersten Zahlen durch, erhoben durch die Befragungen von Wählern nach der Stimmabgabe. Eigentlich dürften diese Zahlen erst ab 20 Uhr veröffentlicht werden. Deshalb verschlüsselten die Ukrainer die Ergebnisse, berichtet Spiegel Online: Von den "aktuellen Absatzzahlen alkoholischer Getränke am Sonntag" war auf sozialen Netzwerken die Rede, von über 20 Prozent für den "Schokolikör". Gemeint war der Block von Präsident Petro Poroschenko, er besitzt schließlich mehrere Schokoladenfabriken. In geringen Abstand folgt Jazenjuk - der Getränkecode lautete "Front-Wodka", wegen dem Parteinamen Volksfront.

Rasche Regierungsbildung

Polens Außenminister Grzegorz Schetyna sieht einen Neuanfang für das Nachbarland. "Die Ukraine geht nach Europa. Sie entscheidet über ihren europäischen Weg", sagte er am Montag im polnischen Radio. "Sicher wird es Probleme geben, denn das ist eine neue Ära ukrainischer Wirklichkeit", meinte er angesichts notwendiger Reformen in Verwaltung und Wirtschaft.

Russland hat die Parlamentswahl in der Ukraine anerkannt, zugleich aber einen "schmutzigen und harten Wahlkampf" kritisiert. Die Führung in Kiew könne sich mit der Machtkonstellation nun "ernsthaft um die Lösung der Kernprobleme der Gesellschaft kümmern", sagte der russische Vize-Außenminister Grigori Karassin der Agentur Interfax am Montag in Moskau.

Ministerpräsident Jazenjuk kündigte noch in der Nacht eine rasche Regierungsbildung an. In einer möglichen Koalition könnte auch die Vaterlandspartei der Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko vertreten sein, die bei rund 5,9 Prozent der Stimmen landete. Der Oppositionsblock von Verbündeten des gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch erhielt nach ersten Ergebnissen 9,6 Prozent. Die Radikale Partei des Populisten Oleg Ljaschko kam auf rund 7,6 Prozent.

52 Prozent Wahlbeteiligung

Unsicher war Montag früh zunächst, ob die rechte Partei Swoboda den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schafft. Die am Sonntag nach Schließung der Wahllokale veröffentlichen Prognosen hatten die Partei in der Obersten Rada (Parlament) gesehen. Demnach schafften sieben der 29 registrierten Parteien den Einzug ins Parlament. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 52,4 Prozent.

Die Ergebnisse vom Montag geben nur Aufschluss über 225 von 450 Sitzen im Parlament, die nach Listenwahlrecht bestimmt werden. Weitere Sitze werden in einzelnen Wahlbezirken bestimmt. Deren Ergebnisse werden erst im Laufe der nächsten Tage bekannt gegeben.

Eine Art Protestnote stellt der Umgang mit der Zeitumstellung dar: Die von prorussischen Separatisten kontrollierten ostukrainischen Gebiete Luhansk (Lugansk) und Donezk richten sich nun offiziell nach Moskauer Zeit. Die Regionen, in denen die Aufständischen das Sagen haben, machten den Übergang von der Sommerzeit auf die "Winterzeit" in der Ukraine in der Nacht zum Sonntag nicht mit.

Durch den Verzicht auf die Zeitumstellung ticken die Uhren in den Gebieten nun wie in Moskau - plus eine Stunde im Vergleich zur ukrainischen Hauptstadt Kiew und plus zwei Stunden im Vergleich zur Mitteleuropäischen Zeit. Das teilten die Separatisten in Luhansk und Donezk mit. Auch auf der im März von Russland einverleibten Schwarzmeerhalbinsel Krim gilt Moskauer Zeit.

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