Erdogan beschimpft Journalistin als "schamlos"

Am Sonntag wird gewählt, Erdogan kandidiert
Kritische Fragen vor der Wahl unerwünscht - Reporterin solle "ihren Platz erkennen".

Der türkische Regierungschef und Präsidentschaftskandidat Recep Tayyip Erdogan arbeitet weiter an seinem autoritären Image: Im Vorfeld der Wahl am Sonntag sorgte er so bei einer Wahlkampfveranstaltung in Malatya für einen Eklat mit einer kritischen Journalistin.

Die Journalistin Amberin Zaman, die für die Zeitungen "Economist" und "Tafar" arbeitet, hatte den Erdogan-Konkurrenten Kemal Kilicdaroglu in einer TV-Debatte gefragt, ob muslimische Gesellschaften überhaupt in der Lage seien, ihre Autoritäten in Frage zu stellen.

Erdogan nannte sie - ohne ihren Namen direkt auszusprechen - daraufhin "eine Militante in Gestalt einer Journalistin" und "eine schamlose Frau" und fügte an: "Erkenne deinen Platz." Der Präsidentschaftskandidat warf Zaman zudem vor, die "zu 99 Prozent muslimische" Gesellschaft der Türkei beleidigt zu haben.

Economist solidarisch

Zaman antwortete Erdogan am Freitag in einer ihrer Kolumnen für "Tafar" mit der Überschrift "Sei immer zuerst Mensch!". Darin warf sie Erdogan vor, eine muslimische Frau zu "lynchen", nur weil sie dessen Handlungen beschreibe. Regierungstreue Medien hätten eine Schmierkampagne gegen sie gestartet, schreibt Zaman. Sie sei als "Judenschlampe" beschimpft worden, die den Jihadisten im Irak am besten als "Konkubine" diene. Der "Economist" solidarisierte sich in einer Stellungnahme mit seiner "weithin respektierten" Journalistin. "Unter Herrn Erdogan ist die Türkei zu einem immer schwierigeren Ort für unabhängigen Journalismus geworden", erklärte die "Economist"-Redaktion. Erst in der vergangenen Woche hatte ein anderes Führungsmitglied der AKP mit frauenfeindlichen Bemerkungen für Irritationen gesorgt: Vize-Regierungschef Bulent Arinc hatte lautes Frauenlachen in der Öffentlichkeit als unschicklich bezeichnet und damit vor allem den Protest junger Türkinnen provoziert.

Kommentare