USA

Er kratzt am Heldenimage: Seymour Hersh unter Feuer

US-Reporterlegende Seymour Hersh (78) wirft Obama Lüge vor.
Osama bin Ladens Tod: Wütende Reaktionen auf Bericht des Aufdeckerjournalisten, der die Rolle der USA bei der Tötung des Terrorpaten anzweifelt.

War doch alles anders? Hat US-Präsident Barack Obama vor vier Jahren die Welt darüber belogen, wie El-Kaida-Terrorchef Osama bin Laden getötet wurde? Eine aufgebauschte, amerikanische "Helden"-Geschichte?

Laut Darstellung des US-Starreporters und preisgekrönten Aufdeckerjournalisten Seymour Hersh (78) ist das so: Nicht die CIA hat in jahrelanger Suche die Spur zum meistgesuchten Terroristen der Welt aufgenommen, sondern ein pakistanischer Geheimdienstler habe die entscheidenden Hinweise geliefert, behauptet Hersh in einem Aufsatz für das Magazin London Review of Books. Außerdem habe der pakistanische Geheimdienst ISI Osama bin Laden als eine Art Geisel in der Stadt Abottabad jahrelang streng unter seinen Fittichen gehabt. Und unglaubwürdig ist aus Sicht des renommierten Journalisten letztlich auch die pakistanische Version, wonach man über die nächtliche Navy SEALS-Aktion nicht informiert gewesen sei, bei der bin Laden erschossen worden war. "Nichts ist dran an dieser Geschichte, es ist eine große Lüge", schreibt Hersh.

Gegenangriff

Er kratzt am Heldenimage: Seymour Hersh unter Feuer
U.S. President Barack Obama (2nd L) and Vice President Joe Biden (L) and Secretary of State Hillary Clinton (seated, 2nd R), along with members of the national security team, receive an update on the mission against Osama bin Laden in the Situation Room of the White House, in this May 1, 2011 file photo. Hillary Clinton announced her second run for the presidency on April 12, 2015, starting her campaign as the Democrats' best hope of fending off a crowded field of lesser-known Republican rivals and retaining the White House. REUTERS/White House/Pete Souza/Handout/Files TPX IMAGES OF THE DAY FOR EDITORIAL USE ONLY. NOT FOR SALE FOR MARKETING OR ADVERTISING CAMPAIGNS. THIS IMAGE HAS BEEN SUPPLIED BY A THIRD PARTY. IT IS DISTRIBUTED, EXACTLY AS RECEIVED BY REUTERS, AS A SERVICE TO CLIENTS. FROM THE FILES PACKAGE 'Hillary Clinton Announces Presidential Bid' SEARCH 'Hillary Clinton Announces Presidential Bid' FOR ALL 20 IMAGES
Wenig überraschend hält das offizielle Washington dem entgegen: "Jeder Satz, den ich gelesen habe, ist falsch", konterte etwa Ex-Vize-CIA-Chef Mike Morell. Und das Weiße Haus twitterte: "Zu viele Ungereimtheiten, haltlose Anschuldigungen. Zu behaupten, die Tötung von Osama bin Laden sei keine rein amerikanische Mission, ist offenkundig falsch."

Noch viel emotionaler werfen sich die meisten US-Medien gegen Hershs Version in die Bresche. Der Reporter zitiere nur anonyme Quellen, heißt es etwa. Er verwickle sich in Widersprüche und lasse alle mögliche Interpretationen offen, liefere aber keine hieb- und stichfesten Beweise. In den Internetforen wird heiß diskutiert, für und wider die Darstellung des Starjournalisten. Von "Verschwörungstheorien" ist da die Rede und auch der Tatsache, dass die hoch angesehene New York Times abgelehnt hatte, Hershs Artikel wegen Unglaubwürdigkeit zu drucken.

Das allein aber ist kein Beweis: Schon 1968 war der damals junge Journalist einem Massaker amerikanischer Soldaten an rund 500 vietnamesischen Zivilisten auf die Spur gekommen. Kein amerikanisches Medium wollte diese zunächst haarsträubend erscheinende Geschichte veröffentlichen. Am amerikanischen Heldenimage zu kratzen aber hat Seymour Hersh noch nie gekümmert, und so boxte er gegen alle Widerstände seine Geschichte durch. Jedes Wort davon war wahr.

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