Einigung im Atomstreit mit Iran zum Greifen nah

Journalisten und Fotografen postieren sich in Erwartung eines Durchbruchs bei den Verhandlungen vor dem Palais Coburg .
Montagnacht wurde an den allerletzten Details gefeilt.

In einer TV-Ansprache wollte Irans Präsident Hassan Rohani Montagabend zu den laufenden Atomverhandlungen im Wiener Palais Coburg Stellung nehmen. Alles deutete darauf hin, dass die Verhandler nach 13 Jahren und einem zweiwöchigen Sitzungsmarathon kurz vor dem Ziel standen. Außenminister Sebastian Kurz soll als Gastgeber der Verhandlungen laut APA bereits das Austria Center für eine Zeremonie nach dem Deal angemietet haben. Ein hochrangiger Vertreter des Iran sagte, 99 Prozent aller offenen Fragen seien geklärt. Wenn der politische Wille da sei, könnte die Arbeit bis Dienstag abgeschlossen und danach sofort eine offizielle Einigung verkündet werden.

Chinas Außenminister Wang Yi und sein britischer Kollege Philip Hammond komplettierten am Montag die Runde um US-Außenminister John Kerry und seinen iranischer Amtskollegen Mohammad Javad Zarif, sowie die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Russland, Walter Steinmeier, Laurent Fabius und Sergej Lawrow sowie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Auch ihre Vorgängerin Lady Catherine Ashton wurde in Wien erwartet. Allein an der Anwesenheit der geballten Polit-Prominenz war zu ersehen, dass die letzten Meter genommen werden könnten.

Der Iran ist seit über 36 Jahren, seit der islamischen Revolution 1979, international isoliert. Der Atomstreit dauert seit 13 Jahren an. Mit dem Abkommen soll gesichert werden, dass der Iran keine Nuklearwaffen entwickelt, dafür aber seine Atomkraft weiterhin zivil nutzen kann. Dafür sollen die Wirtschaftssanktionen und UN-Waffenembargos schrittweise fallen. Bei den 5+1 Verhandlungen spielten US-Außenminister John Kerry und Irans-Außenminister Mohammad Javad Zarif offiziell die Hauptrollen.

Kernphysiker und Nuklearingenieur

Doch in Wahrheit waren der 70-jährige amerikanische Energieminister Ernest Moniz und der 66-jährige Chef der Iranischen Atomenergieorganisation, Ali Akbar Salehi, die Chefunterhändler. Moniz ist Kernphysiker, Salehi Nuklearingenieur, beide haben am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge promoviert. Obwohl sie einander dort nicht kennenlernten, fanden sie offenbar einen guten Draht zueinander. Sie reden sich mit Vornamen an und finden die technisch wasserdichten Formulierungen.

Ernest Moniz ist oberster Dienstherr der US-Atomwaffenlabors von Los Alamos, Lawrence Livermore und Oak Ridge. Dort wurden die Zentrifugen-Kaskaden aus den iranischen Anreicherungsanlagen nachgebaut, um deren Leistungsfähigkeit besser einschätzen zu können. Weitgehend baugleiche Modelle waren den Amerikanern in die Hände gefallen, als Libyens Diktator Muammar Gaddafi sein Atomprogramm aufgab. Er hatte wie die Iraner beim pakistanischen Nuklearschmuggler Abdul Qadir Khan eingekauft.

Die Chefunterhändler Moniz und Salehi einigten sich etwa darauf, dass die Anreicherungsanlage Fordow in eine Forschungsstätte umgewandelt wird. Damit behielten die Iraner ihre Anlage tief in einem Berg nahe der heiligen Stadt Qom, während die Amerikaner und ihre Verbündeten sicherstellen könnten, dass dort kein Uran mehr angereichert wird.

Chinas Außenminister betonte, dass kein Abkommen perfekt sei. „Es sollte keine weitere Verzögerung geben.“ Israels Ministerpräsident Netanjahu wirft den Weltmächten vor, sie wollten in Wien „um jeden Preis“ ein Abkommen im Atomstreit mit dem Iran erzielen.

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