Eine "historische Wahlnacht" für Podemos

Podemos-Chef Pablo Iglesias wurde von seinen Anhängern in Madrid bereits als künftiger Präsident gefeiert.
Herbe Verluste mussten die Großparteien bei den Regionalwahlen einstecken.

Auf dem Platz vor dem Museum Reina Sofia dröhnte Sambamusik noch lange nach Mitternacht aus den Lautsprechern. Die Anhänger der Partei Podemos wollten nicht nach Hause gehen. Studenten, Eltern mit Kleinkindern, Ältere und ganz Junge feierten bei Jausenbroten und Dosenbier bis zwei Uhr früh.

"Es ist eine historische Nacht", hatte Podemos-Chef Pablo Iglesias bei seinem Auftritt vor den Podemos-Fans ins Mikrofon gerufen. "Wir haben immer gesagt: eine andere Politik ist möglich. Den Anfang haben wir in Madrid getan – einer Stadt, die schon im Bürgerkrieg bewiesen hat, dass sie Widerstand leistet."

Die vor vier Jahren auf dem nahen Platz der Puerta del Sol aus dem Nichts entstandene Protestbewegung der Empörten erreichte bei den Gemeinde- und Regionalwahlen am Pfingstsonntag ein Etappenziel: sie stieg – kaum 15 Monate nach Gründung der Partei Podemos ("Wir können") – zur drittstärksten Kraft auf.

Im Madrider Gemeinderat gewann die 71-jährige Manuela Carmena als Podemos-Kandidatin nur einen Sitz weniger als ihre konservative Gegenspielerin. Es gilt als sicher, dass die pensionierte Richterin, gestützt auf eine Linkskoalition, das Bürgermeisteramt übernehmen und damit 24 Jahre konservative Vorherrschaft in der Hauptstadt beenden wird.

Marta, eine Schauspielstudentin aus der Provinz, war mit 18 dabei, als im Mai des Jahres 2011 die Puerta del Sol wochenlang besetzt wurde. Als "Aufstand der Empörten" ist die Bewegung in die Geschichte eingegangen. Drei Jahre später meldeten sich die "Indignados" zurück, als sie unter Führung des 36-jährigen Politikdozenten Pablo Iglesias bei den Europawahlen einen Achtungserfolg erzielten. "Die Besetzung der Puerta del Sol war ein Aufschrei gegen die Korruption der Politikerkaste", erklärt Marta und erinnert sich: "Alle Altersgruppen waren in unserem Zeltlager vertreten; so wie heute eine 71-Jährige für uns ins Rathaus einzieht."

Die Gemeinde- und Regionalwahlen am Pfingstsonntag waren ein Stimmungstest. Die regierende Volkspartei von Ministerpräsident Mariano Rajoy blieb zwar stimmenstärkste Fraktion; sie ist dennoch der klare Verlierer. In einem halben Jahr werden die Spanier ein neues Parlament wählen und Rajoy bangt um seine Mehrheit.

Denn die Ergebnisse in 13 der 17 autonomen Regionen und über 8000 Gemeinden weisen einen Linksruck aus. Am erstaunlichsten der Sieg der Podemos-Kandidatin in Barcelona. Dort gewann die Bürgerrechtsaktivistin Ada Colau, die mit Unterstützung von linken Separatisten die absolute Mehrheit im Rathaus erreichen kann.

Schon vor der Testwahl stand fest, dass das System wechselnder Mehrheiten von zwei Großparteien am Ende ist. Korruption und Sparpolitik haben den Protest gegen Volkspartei und Sozialisten beflügelt – sie stellen inzwischen nur mehr die Hälfte der Stimmen. Podemos-Chef Pablo Iglesias wurde bei der Siegesfeier bereits mit "Presidente, Presidente"-Rufen gefeiert.

Kommentare