Die humorlose Streberin

Selbst Anhänger beklagen ihre menschlichen Schwächen.

Er hatte sich wirklich alle Mühe gegeben, hatte die ganz alten Erinnerungen an die ersten Begegnungen an der Universität hervorgekramt und dazu Hillary-Zitate, die einfach zu herzergreifend waren, um nicht in Wahrheit gut erfunden zu sein. Bill Clinton spielte auf dem Parteitag der Demokraten wieder einmal sein ganzes Talent als großer Redner und Charmeur aus, und das alles nur mit einem einzigen Ziel: Die menschliche Seite seiner Ehefrau zu präsentieren. Doch als die Anekdoten erzählt, das Lob auf ihre "Verlässlichkeit, ihren Mut und ihre Tapferkeit" mehr als dick aufgetragen war, versuchte der Ex-Präsident das Bild von Hillary, das er zeichnen wollte, in einem Satz zusammenzufassen. Heraus kam dabei nur: "Sie ist der beste Wende-Macher (,change maker‘), den ich je getroffen habe".

"Wende-Macher": Ein spröder, technokratischer Begriff für eine Persönlichkeit, die die Mehrheit der Amerikaner nur als spröde und technokratisch erlebt haben – und das in drei Jahrzehnten ständiger Präsenz in der Öffentlichkeit. Ein Thema, das die US-Medien seit Beginn des Wahlkampfes be-schäftigt. "Warum kennen wir Hillary immer noch nicht?" fragte sich zum Auftakt des Parteitages etwa die New York Times. Es habe wohl damit zu tun, so mutmaßt das Blatt, dass Hillary in der Öffentlichkeit nur durch ihre Arbeit wahrgenommen werde. Umfragen bestätigen das. Mit Hillary werden auch von ihren Anhängern Begriffe wie "professionell", "zielorientiert", "organisiert" assoziiert. Sie wirke, urteilt die Zeitung, nicht wie eine reale Person, sondern wie ein "Avatar von irgendeiner großen Marke".

"Spaß haben"

Unermüdlich betonen Vertraute Hillarys, wie humorvoll, herzlich, warmherzig sie sei. "Mit ihr kann man wirklich Spaß haben", schilderte Marc Pacheco, Senator aus Massachusetts, kürzlich im KURIER-Interview. Die Chancen, dass sich die Amerikaner durch solche Empfehlungen nach 30 Jahren doch noch für Hillary erwärmen, sind gering.

So nüchtern und distanziert Hillarys Anhänger die Kandidatin betrachten, so fanatisch und leidenschaftlich sind ihre Gegner. Beim Parteitag der Republikaner skandierten Spitzenpolitiker auf der Bühne "ins Gefängnis mit ihr", in rechten US-Medien wird sie grundsätzlich als Lügnerin und Betrügerin bezeichnet. Selbst gesetztere rechte Kommentatoren wie der Washington-Post-Kolumnist Charles Krauthammer tragen ihre Verachtung für Clinton offen vor sich her: "Sie weiß eigentlich gar nicht, warum sie Präsidentin werden will. Sie will nur ins Weiße Haus, weil das der nächste, besser gesagt, der letzte Schritt auf der Karriereleiter ist."

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