Reems Schicksal heizt Asyldebatte neu an

Merkel und das Flüchtingsmädchen: Reems Fall sorgt für Nachwehen.
Die 14-Jährige ist in Deutsch Klassenbeste – Flüchtlinge wie sie sollen bleiben dürfen.

Ein weinendes Flüchtlingskind, eine etwas unbeholfen agierende Kanzlerin: Seit Langem hat in Deutschland kein Asylfall mehr Wellen geschlagen als die Geschichte der 14-jährigen Reem. Das palästinensisch-libanesische Mädchen, das mit seiner Familie vor vier Jahren nach Deutschland geflohen ist, ist nämlich genau das, was die Politik als perfekt integriert beschreibt. Dennoch weiß Reem bis heute nicht, ob sie in ihrer neuen Heimat bleiben darf.

Wie sehr sie darunter leidet, erzählte Reem jetzt der Bild am Sonntag. "Ich fühle mich sehr wohl in Deutschland", sagt die 14-Jährige, die wegen Komplikationen bei der Geburt und einem schweren Unfall vor neun Jahren Schwierigkeiten beim Gehen hat. In Deutschland wurde sie deshalb mehrfach operiert, seither wird sie ständig medizinisch betreut, ist aber auf dem Weg der Besserung. Um in die Schule zu kommen, nutzt sie einen Rollstuhl. Das Lernen fällt ihr aber leicht, ihr Deutsch ist völlig akzent- und fehlerfrei: "Jetzt haben wir die Zeugnisse bekommen: Ich bin die Einzige mit einer Eins in Deutsch."

Einwanderungsgesetz gefordert

Das ist es auch, was die Politik nun beschäftigt. "Es läuft etwas grundfalsch in Deutschland, wenn wir einerseits mehr Nachwuchs brauchen und andererseits junge, gut integrierte Flüchtlinge von Abschiebung bedroht sind", sagt Thomas Oppermann, Fraktionschef der SPD, der Welt am Sonntag. Er fordert deshalb ein neues Einwanderungsgesetz, mit dem Migration generell gezielter gesteuert werden könne. "Kinder, die in der Schule perfekt Deutsch gelernt hätten, sollten nicht mehr weggeschickt werden."

Die CDU/CSU-Fraktion kann dem noch wenig abgewinnen, vor allem die CSU will nicht den Eindruck erwecken, für ein Mehr an Migration zu werben. Die Opposition kritisiert, dass mit einem solchen Gesetz eine diskriminierende Einteilung in "gute und schlechte Flüchtlingskinder" vorgenommen würde – und das sei massiv diskriminierend, so die Linksfraktion.

Keine Abschiebung

Die Bundesagentur für Arbeit hat sich parallel dazu dafür stark gemacht, qualifizierten Fachkräften das Asylverfahren zu ersparen und ihnen gleich eine sogenannte "Blue Card" zuzuerkennen, mit der sie ihrem Beruf umgehend nachgehen könnten. Das wäre genau das, was sich Reem wünscht: Ihr Vater, ein gelernter Schweißer, sei hier nämlich zur Untätigkeit verdammt. Warten heißt es für die Familie auch, was die drohende Abschiebung angeht. Der Rostocker Oberbürgermeister hat nämlich angekündigt, in Reems und in allen vergleichbaren Fällen vorerst keine Bescheide auszustellen – und zwar bis die kürzlich beschlossene Reform des Bleiberechts in Kraft tritt. Sie verbessert die Aussichten für Flüchtlinge, die schon mehrere Jahre auf Antwort warten.

Auf diese Neuregelung hatte auch Merkel das Mädchen hingewiesen. "Angefangen zu weinen habe ich erst, als Frau Angela Merkel gesagt hat, dass immer wieder Leute abgeschoben werden", sagte sie jetzt der Bild. Dennoch sei sie der Kanzlerin dankbar. "Für ihre Ehrlichkeit."

Weiterführende Links

Reportage: Angela Merkel und die weinende Reem - "Politik ist manchmals auch hart"

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