Lauschangriff dokumentiert Merkels Krisen-Strategie

Lauschangriff dokumentiert Merkels Krisen-Strategie
NSA hörte Griechenland-Gespräche ab. Schon 2011 hatte Merkel Zweifel am Bemühen Athens.

Oktober 2011: Die Eurokrise ist am hochkochen, Angela Merkel steht im Zentrum der Krisenbewältigung. Was ihr nicht bewusst ist: Sie steht mit ihrem Bemühen auch im Zentrum der Abhöraktionen der NSA. Die Süddeutsche Zeitung berichtet über neue WikiLeaks-Dokumente, die einen massiven Spähangriff des US-Geheimdienstes auf die deutsche Regierung belegen. 69 Telefonnummern der Bundesregierung wurden laut der Enthüllungsplattform im Zuge der "Five Eyes"-Aktion von 2010 bis 2012 überwacht.

Zweifel

Was die neuen Unterlagen bestens dokumentieren, ist Merkels Krisen-Strategie. In Gesprächen mit ihrem "personal assistant" – wer damit gemeint ist, geht aus den Unterlagen nicht genau hervor – bespricht sie mögliche Varianten zur Bewältigung der Griechenland-Schuldenkrise. Dabei räumt sie Meinungsverschiedenheiten mit Finanzminister Wolfgang Schäuble ein - wie auch Zweifel und Ratlosigkeit über Athen: Sie befürchte, "dass Griechenland selbst bei einem weiteren Schuldenschnitt nicht in der Lage wäre, seine Probleme zu überwinden, weil es die übrig bleibenden Schulden nicht bewältigen könne.“

Als zwei Alternativen soll sie einen Schuldenschnitt ("Haircut") oder eine sogenannte Transferunion, quasi einem Finanzausgleich unter den Euroländern, genannt haben, so WikiLeaks. Merkel soll dabei auch die Sorge geäußert haben, dass Athen auch nach einem Schuldenschnitt nicht in der Lage sein würde, seine Schulden zu begleichen.

Bis in die Clinton-Ära

Diese Enthüllungen bergen inhaltlich wenig Neues. Sie geben aber guten Einblick darüber, wie die deutsche Regierung mit anderen Euroländern über Athen verhandelte. Die Ergebnisse dieser Beratungen sind hinlänglich bekannt: 2011 vollzog man einen Schuldenschnitt und verabschiedete ein zweites Hilfsprogramm für Griechenland; eben jenes, das nun in der Nacht zum Dienstag ausgelaufen ist.

Was die Dokumente dokumentieren, ist das große Interesse der USA an der deutschen Regierung: Denn nicht nur Merkel stand im Zentrum des Spähangriffs, im Zuge der "Five Eyes"-Aktion wurden auch die Ministerien für Wirtschaft, Finanzen und Landwirtschaft bespitzelt. Belegt sind Lauschangriffe von 2010 bis 2012; zurückgehen würden sie aber bis in die Clinton-Ära, so Wikileaks.

Die US-Wirtschaftsspionage habe sich auch auf führende europäische Institutionen wie die EZB erstreckt, so Sprecher Julian Assange: Es werde belegt, wie Großbritannien den USA "behilflich" sei, zentrale Bereiche der europäischen Politik auszuspähen.

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