Deutschland: Minister Friedrich tritt zurück

Der ehemalige Innenminister und jetzige Landwirtschaftsminister Friedrich soll Informationen weitergegeben haben.
Dem CSU-Landwirtschaftsminister wird vorgeworfen, im Fall Edathy Dienstgeheimnisse verraten zu haben.

Der wegen möglichen Geheimnisverrats im Fall um den Innenpolitiker Sebastian Edathy unter Druck geratene deutsche Agrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist Freitag Nachmittag zurückgetreten.

Wenige Stunden zuvor hatte Friedrich noch darauf beharrt, dass er im Amt bleiben wolle. Er hatte sein politisches Schicksal aber daran geknüpft, dass die Justiz nicht gegen ihn ermittelt: "Sollte die Staatsanwaltschaft zu anderen Ergebnissen kommen und ein Ermittlungsverfahren aufnehmen, werde ich mein Amt zur Verfügung stellen."

Als damaliger Innenminister hatte Friedrich den Chef der Sozialdemokraten, Sigmar Gabriel, im vergangenen Oktober darüber informiert, dass der Name des SPD-Abgeordneten Edathy bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht sei. Die Opposition hielt Friedrich vor, damit Dienstgeheimnisse gebrochen zu haben – und forderte sofort dessen Rücktritt als Minister.

Viele Mitwisser

Gegen Edathy wird wegen des Besitzes von Material "im Grenzbereich" zur Kinderpornografie ermittelt, wie die Staatsanwaltschaft Hannover am Freitag mitteilte. "Zutiefst erschüttert" gab sich der Staatsanwalt auch über die vielen Mitwisser von dessen Zugang zu Kinderpornografie. "Offenbar beschäftigten sich breite Teile der Polizei und der Innenministerien mit dem Fall und gaben strafrechtliche Wertungen Monate vorher ab, ehe die Justiz die Strafakte bekam", so Jörg Fröhlich.

Bei den Durchsuchungen der Wohnungen und Büros von Edathy seien 31 "konspirativ verschleierte" Einkäufe von Kinderporno-Material, darunter zwei als Downloads über den Bundestagsserver, gefunden worden. "Das Material, um das es geht, sind Bilder von unbekleideten männlichen Jungen im Alter zwischen 9 und 13, eventuell auch 14 Jahren", sagte Fröhlich. "Die Frage, ob es sich um Kinderpornos handelt, ist eine schwierige Bewertungsfrage. Aber die Erfahrung unserer Spezialisten sagt, dass dann fast immer auch Material da ist, das nicht mehr nur knapp unter der Schwelle der Straflosigkeit liegt", so der leitende Staatsanwalt.

Die Spuren zeigten, dass Edathy die Durchsuchungen erwartet hatte, die Auswertung der beschädigten oder gelöschten Computer dauere noch an. Edathys Rechtsanwalt habe schon im November nachgefragt, was auf frühe Hinweise durch Insider deutete.

Die fand inzwischen auch die Presse. Demnach haben schon im Oktober alle 16 deutschen Landeskriminalämter von Edathys Namen auf einer aus Kanada übermittelten Liste von Porno-Kunden gewusst. Dazu der Polizeichef von Göttingen, der für Edathys Wahlkreis zuständig ist, und der SPD-Innenminister von Niedersachsen sowie mindestens vier Staatsanwaltschaften und das Bundeskriminalamt.

Damit wird der Kreis möglicher Warner Edathys immer größer. Der vorige Woche zurückgetretene SPD-Mann bestreitet Straftaten, ist aber abgetaucht.

Gegen den Ex-Bundestagsabgeordneten der SPD Sebastian Edathy wird wegen des Verdachts der Internet-Kinderpornografie ermittelt. Der 44-Jährige Mandatar mit indischen Wurzeln ist als Vorsitzender des "NSU-Untersuchungsausschusses" bekannt geworden, der die Morde an Ausländern durch Neonazis aufarbeitete. Dabei hatte Edathy die Sicherheitsbehörden besonders hart kritisiert.

Er war vergangenen Freitag aus "gesundheitlichen Gründen" überraschend zurückgetreten, am Montag und Mittwoch wurden seine Wohnungen und Büros in Niedersachsen und Berlin durchsucht. Der befasste Staatsanwalt ist nur für Sexualdelikte zuständig, gibt aber keine Auskunft über die Aktion. Laut Welt und Focus wurden die deutschen Behörden auf Edathy durch einen Hinweis aus Kanada tätig, wo im Herbst ein großer Internet-Kinderporno-Ring aufflog. Danach soll er die Pornos über den Bundestags-Server bestellt und bezahlt haben.

Edathy warf nun der Staatsanwaltschaft "Unverhältnismäßigkeit" vor, er habe "nie Kinderporno-Material besessen". Die Staatsanwaltschaft wies das umgehend zurück. Näheres über seinen Rücktrittsgrund sagte Edathy aber bisher nicht. Laut Welt war die SPD-Spitze schon seit Dezember von dem Verdacht informiert.

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