Kanzlerfrage: Zu viel der Blumen für Frau Merkel

Die SPD fragt sich, ob jemand gegen Merkel antreten soll – und will die Debatte gleich wieder beenden.

Wer braucht einen eigenen Kandidaten, wenn es schon eine patente Kanzlerin gibt?

Seit Torsten Albig, SPD-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, unlängst diese Frage aufwarf, ist das Unbehagen in der Sozialdemokratie groß. Die SPD brauche keinen eigenen Kanzlerkandidaten, denn Frau Merkel mache ihre Arbeit "ganz ausgezeichnet", meinte der als Provokateur verschriene Norddeutsche. Ein Affront gegen SPD-Chef Sigmar Gabriel, den die Parteigranden nun tatkräftig in Schutz nehmen: Als "völlig abwegig" bezeichnete Generalsekretärin Yasmin Fahimi die Aussagen Albigs; Gabriels wortgewaltiger Vize Ralf Stegner attestierte ihm einen "eigenwilligen norddeutschen Humor". Zuletzt erhielt Gabriel Unterstützung von der Chefin der größten SPD-Landesfraktion: Es sei "überhaupt nicht der Zeitpunkt, darüber zu reden", so Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Gewählt werde schließlich erst 2017.

K-Frage als Dauerbrenner

Allein, helfen werden diese Beschwörungen nicht viel. Denn die "K-Frage" ist nicht nur willkommener Stoff für das Sommerloch, sondern ein Dauerbrenner in der SPD – und sie hat Gabriel schon einmal graue Haare beschert. Weil seine Umfragewerte vor der Wahl 2013 nicht berauschend waren, wurde Peer Steinbrück ins Rennen geschickt – einen Stinkefinger- und einen Honorarskandal später fand sich die Partei bei 25,7 Prozent wieder.

Ein solches Debakel gilt es zu vermeiden – am besten mit einem kräftigen Zugpferd. Doch die Ausgangslage ist desaströs: Die Zustimmungswerte für die SPD liegen im Keller – während die CDU/CSU-Fraktion von einer Absoluten träumen kann, dümpelt die SPD bei etwa 24 Prozent. Und auch Gabriels Beliebtheitswerte sind seit 2013 nicht auffällig gewachsen . Selbst parteiintern fehlt der Glaube an ihn: Nur 35 Prozent der SPDler halten ihn laut Forsa-Umfrage für geeignet.

Kaum jemand will antreten

Andere Kandidaten gäbe es – nur so recht antun will sich niemand ein Kräftemessen mit Merkel. Mehr Vertrauen hätte die Partei etwa in Außenminister Steinmeier, seine Zustimmungswerte liegen bei 95 Prozent. Überzeugen wird ihn das nicht. Der Diplomat hat mit 23 Prozent im Jahr 2009 nämlich das schlechteste SPD-Bundestags-Ergebnis der Geschichte zu verantworten. Auch Olaf Scholz, Bürgermeister in Hamburg und Dauer-Personalreserve in der SPD, will sich seine Bilderbuchkarriere nicht mit einer Kandidatur verderben, heißt es. Ebenso verhält es sich mit NRW-Landeschefin Kraft – und Andrea Nahles, Arbeitsministerin in Berlin, wird nachgesagt, sich auf eine Kandidatur 2021 vorzubereiten. Martin Schulz, dessen Mandat als EU-Parlamentspräsident 2016 ausläuft, soll zwar interessiert sein, ist aber einer der engsten Vertrauten Gabriels – und kann nur antreten, wenn der Parteichef verzichtet.

Bleibt also nur Gabriel selbst – der hat sich zu den Spekulationen wohlweislich noch nicht geäußert. Die Hoffnung, dass Angela Merkel nicht antritt, bleibt ihm jedenfalls nicht: Ihr Team bereitet bereits den Wahlkampf vor.

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