Deutschland: Große Mehrheit für Verbot der Vollverschleierung

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Nur 15 Prozent der befragten Bürger sind prinzipiell gegen ein Verbot der Burka.

Eine große Mehrheit der Deutschen lehnt einer Umfrage zufolge die Vollverschleierung ab. Nach einer am Freitag veröffentlichten Erhebung für die ARD sind 81 Prozent für ein Verbot der Vollverschleierung muslimischer Frauen in der Öffentlichkeit.

Jeder Zweite (51 Prozent) spricht sich für ein generelles Verbot aus, jeder Dritte (30 Prozent) für ein teilweises Verbot wie im öffentlichen Dienst. Nur 15 Prozent der Bürger sind prinzipiell gegen ein Verbot. Befragt wurden von Infratest dimap zwischen dem 23. und 24. August 1008 Menschen.

Auch in Österreich Thema

Nachdem konservative deutsche Politiker bereits seit mehreren Wochen über ein Burka-Verbot debattieren, hat Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) die Diskussion über ein Verbot von Ganzkörperverschleierungen auch in Österreich wieder angefacht. In Europa gibt es ein solches bisher in Frankreich und Belgien, in den Niederlanden sind Ganzkörperschleier teilweise verboten.

Auch in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen entbrannte vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise eine Debatte über ein Burka-Verbot. Das Schweizer Parlament lehnte ein solches hingegen bereits im September 2012 ab.

Deutschland: Große Mehrheit für Verbot der Vollverschleierung
ABD0023_20160818 - ARCHIV - Eine verschleierte Frau mit Nikab geht am 25.07.2008 über den Odeonsplatz in München (Oberbayern). Foto: Frank Leonhardt/dpa (zu dpa "AfD wirbt für Schleierverbot: Burka ist ein «Baumwollknast»" vom 17.08.2016) +++(c) dpa - Bildfunk+++

Frankreich, das sich auf eine starke laizistische Tradition beruft und in dem Staat und Religion seit jeher strikt getrennt sind, führte als erstes EU-Land bereits im April 2011 ein Vollverschleierungsverbot ein. Bis zu 150 Euro Strafe droht seitdem Frauen, die sich in der Öffentlichkeit vollständig verschleiert zeigen - entweder mit der Burka, die die Augen hinter einem Stoffgitter verbirgt, oder mit dem Niqab, der die Augen freilässt.

Nach Angaben des französischen Innenministeriums wurde seither rund 1.600 Mal ein Bußgeld verhängt, mehrfach gegen dieselben Frauen. Laut Schätzungen tragen in Frankreich rund 2.000 Frauen Niqab oder Burka, was angesichts der etwa fünf Millionen Muslimen im Land nicht viel ist.

In Belgien trat ein Niqab- und Burka-Verbot nur wenige Wochen später, nämlich am 23. Juli 2011 in Kraft. Bis zu 137,50 Euro Strafe und in Extremfällen sogar bis zu sieben Tage Haft drohen seither all jenen, die sich vollständig verhüllt in der Öffentlichkeit zeigen - egal ob aufgrund muslimischer Kleidungsvorschriften oder aus anderen Beweggründe. Auch in Belgien ist die Zahl der Niqab- und Burka-Trägerinnen laut Schätzungen verschwindend gering: Gerade einmal 300 Frauen verhüllen ihren Körper, bei einer muslimischen Gesamtbevölkerung von einer Million.

Die Niederlande sind das bisher letzte EU-Land, das 2015 ein teilweises Verbot der Vollverschleierung eingeführt hat. Anders als in Frankreich und Belgien gilt es jedoch nur in Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen sowie in Behörden und öffentlichen Verkehrsmitteln. Premierminister Mark Rutte betonte nach Einführung des Verbots, das Gesetz ziele auf "bestimmte Situationen, in denen es von Bedeutung ist, dass die Menschen gesehen werden". Religiösen Hintergrund habe das Verbot keinen.

Schätzungen gehen davon aus, dass in den Niederlanden rund 500 Frauen Burkas und Niqabs tragen. Ihnen droht eine Strafe von bis zu 405 Euro.

In Deutschland forderten kürzlich einzelne CDU-Innenminister ein vollständiges Burka-Verbot. Sowohl Innenminister Thomas De Maiziere als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erteilten diesem jedoch eine Absage. Kommen könnte jedoch ein teilweises Verbot, ähnlich wie in den Niederlanden. Das Gesetz könnte jene Bereiche betreffen, wo es nötig sei "Gesicht zu zeigen", sagte De Maiziere am Freitag: "am Steuer, bei Behördengängen, am Standesamt, in Schulen und Universitäten, im öffentlichen Dienst, vor Gericht."

Auch in Estland, Lettland und Litauen wurde vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise und einer von der EU-Kommission geforderten Aufnahme von Flüchtlingen, zuletzt vermehrt über eventuelle Verbote von Burka und Niqab debattiert. Begründet wurde dies vor allem mit Sicherheitsbedenken. Laut einer Umfrage sind etwa rund zwei Drittel der Letten für ein solches Verbot. Konkrete Gesetzesinitiativen gab es seit Beginn der Diskussion vor rund einem Jahr jedoch keine.

In der Schweiz stimmte das Parlament bereits im Herbst 2012 gegen ein Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit - allerdings nur mit knapper Mehrheit. Argumentiert wurde die Entscheidung damals mit der Unverhältnismäßigkeit eines Verbots: Es gebe kaum Frauen in der Schweiz, die sich aus religiösen Gründen völlig verhüllten, zudem könnte der Schritt dem Tourismus schaden.

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Die Burka, von der in diesen Tagen häufig die Rede ist, sieht man in Österreich tatsächlich sehr selten. Sie ist vor allem in Afghanistan und Teilen Pakistans verbreitet - unter der Herrschaft der Taliban waren alle Frauen zum Tragen des Ganzkörperschleiers verpflichtet, heute ist das Verbot aufgehoben. Der Umhang bedeckt den gesamten Körper, im Bereich der Augen ist ein Gitter eingenäht. Afghanische Burkas sind meist blau, es gibt sie aber auch in anderen Farben.
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Viele Menschen, die von der Burka sprechen, meinen eigentlich denNiqab bzw. Nikab.In Österreich kommt er häufiger vor als die Burka, bei der, im Gegensatz zum Niqab, das ganze Gesicht verdeckt ist. Der Gesichtsschleier lässt um die Augen einen schmalen Schlitz frei und wird meist mit einem weiten, schwarzen Gewand kombiniert. Er ist vor allem auf der Arabischen Halbinsel verbreitet - in Saudi-Arabien und im Jemen trägt die Mehrheit der Frauen einen Niqab. Aber auch in Syrien, dem Irak und nordafrikanischen Ländern wird der Gesichtsschleier getragen.
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"Tschador"kommt aus dem Persischen und bedeutet "Zelt". Mit dem großen, schwarzen Tuch, das über die Kleidung gewunden wird, verhüllen (vor allem konservative) Frauen im Iran ihre Haare, Ohren, den Hals und Körper. Das Gesicht bleibt frei. Heute tragen immer mehr junge Frauen stattdessen ein lockeres Kopftuch und einen leichten Mantel, eine so genannte Abaya. Diese ist in Saudi-Arabien als Mindestmaß für die Verhüllung der Frau vorgeschrieben.
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UnterHijaboder auch Hidschab versteht man in der Regel ein Kopftuch. Je nach Gesellschaft werden damit die Haare und der Hals komplett bedeckt oder das Tuch locker um den Hals geschlungen. Das Tuch wird unter dem Kinn geknotet und ist das häufigste Kleidungsstück muslimischer Frauen. In vielen islamischen Staaten, wie etwa dem Jemen oder Oman, sind Muslimas zum Tragen eines Hidschabs verpflichtet.
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Der Burkini:Die Wortkombination aus "Burka" und "Bikini" bezeichnet einenSchwimmanzug für muslimische Frauen, der Haare, Arme und Beine bedeckt. Zuletzt war die muslimische Badekleidung häufig in den Schlagzeilen: Im südfranzösischen Cannes ist es Frauen seit August untersagt, im Burkini baden zu gehen. Etwa zeitgleich trat bei den Olympischen Spielen in Rioerstmals eine Athletin (Beachvolleyball) im muslimischen Schwimmanzugan.

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