"Flüchtlings-Knigge" mit Strafen höchst umstritten

Integrationsdebatte: Islamunterricht versus Werteunterricht
Integrationsdebatte: Verpflichtung wird debattiert, Sanktionen gibt es nur bei Verletzung der Residenzpflicht.

Ein fehlender Handschlag war es, der die Debatte ins Rollen brachte: Dass ein Imam aus Idar-Oberstein der CDU-Chefin von Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, bei einem Treffen im Herbst nicht die Hand reichen wollte, weil sie eine Frau ist, ließ die Politikerin mehr als nur irritiert zurück. Klöckner, die aus der eher wertkonservativen Ecke der CDU stammt, forderte daraufhin eine gesetzliche Integrationspflicht – einen verpflichtenden "Knigge" für Flüchtlinge quasi.

Debatte in Österreich: Wer sich nicht integriert, verliert

Seither schwelt in Deutschland die Diskussion darüber, ob man – ähnlich wie etwa in Kanada oder den Niederlanden – Zuwanderer gesetzlich dazu verpflichten soll, Deutschkurse zu besuchen und sich gesellschaftliche Spielregeln schnellstens anzueignen. Klöckner, die auch eine der fünf Stellvertreterinnen Angela Merkels ist, legte dazu sogar einen Fünf-Punkte-Plan vor, der Bußgelder, Leistungskürzungen und auch "aufenthaltsbeendende Maßnahmen" vorsah. Die Unterstützung dafür ist allerdings enden wollend. Nur in CSU- und AfD-Kreisen findet die Idee Anklang, in CDU und SPD gibt man sich skeptisch. In der Koalition vertritt man die Meinung, dass mit der erst kürzlich abgesegneten Verschärfung des Asylrechts genug getan sei; darin sind Sanktionen wie Leistungskürzungen nur dann vorgesehen, wenn ein Flüchtling die ihm zugewiesene Region verlässt oder einen abschlägigen Asylbescheid erhalten hat.

Knackpunkt Deutschkurs

Dazu kommt die schwierige Umsetzung von Klöckners Idee. Denn Deutschkurse bekommt nicht jeder – finanziert werden sie nur jenen, die einen gültigen Flüchtlingsstatus oder gute Bleibeperspektiven haben; der Rest – und das sind viele – muss selbst zahlen. In Hinkunft könnte sich das sogar noch verschärfen: Finanzminister Schäuble will, dass sich jeder Flüchtling mit 36 Euro pro Monat an den Deutschkursen beteiligt. Das wäre mehr oder minder das Gegenteil dessen, was Schäubles Parteikollegin Klöckner sich wünscht. "Schäuble bestraft Integrationswillige", schimpfte deshalb auch die Opposition.

Ob es in Deutschland eine Integrationspflicht, einen "Flüchtlings-Knigge" oder gar Sanktionen für Lern-Unwillige geben wird, steht also noch in den Sternen. Für den Imam, der die Diskussion auslöste, würden die Regeln aber ohnehin nicht gelten. Er lebt schon seit 30 Jahren hier.

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