Maut wurde in Berlin abgenickt

Maut wurde in Berlin abgenickt
"Offensichtlicher Unsinn“: Das umstrittene Projekt wurde im Bundestag abgesegnet.

Man kann nicht sagen, dass die deutsche Pkw-Maut nicht oft genug debattiert wurde. Die Zweifel an den umstrittenen Plänen konnten - gelinde gesagt - dennoch nicht ausgeräumt werden. Heute gab es einmal mehr eine Diskussion, bevor das Projekt im deutschen Bundestag abgenickt wurde. Mit den Stimmen der Koalition passierte das Vorhaben das Parlament. Ein Ja galt schon zuvor als sicher, weil auch die SPD nach einigen Änderungen ihre Zustimmung versprochen hatte.

Maut wurde in Berlin abgenickt
Deutscher Verkehrsminister Alexander Dobrindt
Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt, der verantwortlich zeichnet, bezeichnete die Maut als nötigen Systemwechsel bei der Finanzierung des Straßenbaus. „Wir stellen einen klaren Bezug her zwischen Einnahmen und Ausgaben“. Obwohl die Maut unterm Strich nur Ausländer treffen wird, zeigte sich der Minister überzeugt, dass die Abgabe mit dem Europarecht im Einklang stehen würde. „Sie ist europarechtskonform, glauben Sie es endlich!“, rief er den Abgeordneten zu.

Diese wollten das nicht so ganz glauben: „Wirklich selten war ein Gesetz so offensichtlicher Unsinn“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Linke-Verkehrspolitiker Herbert Behrens sagte, die Mautformel „Ausländer müssen zahlen, deutsche Autofahrer nicht“, sei ein Taschenspielertrick, den die EU so nicht akzeptieren werde.

Diskriminierung

Der Bundesrat befasst sich Anfang Mai mit dem Vorhaben, kann das Gesetz aber nicht stoppen. Die Abgabe soll für alle Nutzer von Autobahnen und Bundesstraßen erhoben werden. Für ausländische Fahrzeughalter wird sie aber auf Bundesstraßen ausgesetzt, um den kleinen Grenzverkehr nicht zu belasten. Ausländer können Jahresvignetten sowie 10-Tages- und Zwei-Monats-Vignetten kaufen. Deutsche müssen automatisch eine Jahresvignette kaufen. Der Preis wird nach Größe und Schadstoffausstoß des Autos bemessen. In Deutschland registrierte Halter sollen entsprechend der Maut-Kosten bei der Kfz-Steuer entlastet werden, so dass unter dem Strich nur Ausländer zahlen. Im Schnitt wird sie bei rund 74 Euro liegen. Sie soll ab 2016 kassiert werden und jährlich 500 Millionen Euro für den Straßenbau bringen. Als größte Hürde gilt nach wie vor, dass die Maut noch auf Diskriminierung von Ausländern geprüft werden soll. Letztlich wird das Gesetz wohl vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) beurteilt.

Kritiker der Maut gehen davon aus, dass sie gegen EU-Recht verstoßen könnte, da sie möglicherweise ausländische Autofahrer diskriminiert. Für Pkw, die in Deutschland zugelassen sind, werden die Halter entsprechend bei der Kfz-Steuer entlastet. Auch in Österreich sind die Pläne für eine Ausländermaut auf heftigen Widerstand gestoßen.

Maut wurde in Berlin abgenickt
Karte EU eingefärbt nach Art der Pkw-Maut auf Autobahnen und Schnellstraßen Grafik 0152-15-Verkehr.ai, Format 88 x 108 mm

Worauf müssen sich Autofahrer bei der Pkw-Maut in Deutschland einstellen? Einige wichtige Punkte des Gesetzespakets:

STRASSENNETZ: Inländer sollen für das knapp 13.000 Kilometer lange Autobahnnetz und das 39.000 Kilometer lange Netz der Bundesstraßen Maut zahlen. Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf den Autobahnen.

MAUTPREISE FÜR INLÄNDER: Alle inländischen Autobesitzer müssen eine Jahresmaut zahlen, die vom Konto abgebucht wird. Sie richtet sich nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos. Im Schnitt kostet sie 74 Euro, maximal 130 Euro. Benziner sind günstiger als Diesel.

MAUTPREISE FÜR FAHRER AUS DEM AUSLAND: Für Ausländer gibt es neben der genauso berechneten Jahresmaut eine Zehn-Tages-Maut für 5, 10 oder 15 Euro sowie eine Zwei-Monats-Maut für 16, 22 oder 30 Euro.

AUSGLEICH FÜR INLÄNDER: Deutsche sollen für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer wieder entlastet werden - auf den Cent genau. Bei besonders schadstoffarmen Autos (Euro 6) ist es möglich, für Maut und Steuer künftig etwas weniger zu zahlen als jetzt für die Steuer.

BESONDERE FAHRZEUGE: Mautpflichtig sind auch Wohnmobile. Motorräder, Elektroautos, Wagen von Behinderten und Krankenwagen sind mautfrei.

KONTROLLEN: Statt an Klebevignetten sollen Mautzahler über das Nummernschild ihres Autos zu erkennen sein. Kontrolliert werden soll dies in Stichproben durch einen elektronischen Kennzeichenabgleich. Daten sollen nur hierfür erfasst und schnell wieder gelöscht werden.

STRAFEN: Wer keine Maut zahlt und erwischt wird, muss Strafe zahlen. Eine genaue Höhe nennt das Gesetz vorerst nicht. Geldstrafen sollen auch im Ausland eingetrieben werden.

RÜCKZAHLUNGEN: Inländer, die nachweisen wollen und können, dass sie in einem Jahr nicht auf Autobahnen und Bundesstraßen gefahren sind, können die Maut zurückfordern. Nachweis könnte ein Fahrtenbuch sein.

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