Eine saubere Watsch’n für Seehofer

Die Demütigung Merkels brachte nichts: Der CSU-Chef wurde mit nur 87,2 Prozent bestätigt.

Aus Bayern sei noch keiner geflüchtet, sagt CSU-Chef Horst Seehofer in seiner Parteitagsrede am Samstag. Nun ja, so ganz stimmt das nicht. Erst Tags zuvor hat eine ziemlich schnell Reißaus aus München genommen – Angela Merkel huschte durch einen Seiteneingang aus der Messehalle, nachdem Seehofer sie auf offener Bühne wegen ihrer Flüchtlingspolitik abgekanzelt hatte (mehr dazu lesen Sie hier).

"Sie wollte das so", sagte er nach ihrem Abgang noch leise. Ob er das Tags darauf auch nochmals wiederholen würde, sei dahingestellt: Denn für die Watsch’n, die er am Freitag austeilte, erhielt er am Samstag selbst eine. Nur 87,2 Prozent der Parteitags-Delegierten wählten ihn wieder, knapp 100 votierten gegen ihn als Parteichef. Das sind um acht Prozent weniger als noch vor zwei Jahren; für Seehofer ist es das schlechteste Ergebnis seit seinem Amtsantritt 2008.

Streit an zwei Fronten

Die Gründe für diesen Denkzettel dürften aber über den Eklat mit der Kanzlerin hinausgehen. Zwar bemängelten etliche Delegierte schon am Freitag den "schlechten Stil" ihres Parteichefs, vielen dürfte aber sein Benehmen an anderer Front noch weniger gefallen: Dass Seehofer zuletzt seinen Finanzminister Markus Söder öffentlich wegen seiner Alleingänge maßregelte, hat offenbar auch viele Parteigänger verprellt. Die Fraktion innerhalb der Partei, die Söder lieber am Platz ders Parteichefs sähe, scheint zu wachsen – da half es auch wenig, dass Seehofer noch vor der Wahl versuchte, die Wogen zu glätten. "Ich mach’ Fehler. Markus Söder macht Fehler. Ich geb’ sie zu – manchmal. Markus Söder gibt sie zu – neuerdings", sagte er.

Die Lacher hatte er dafür auf seiner Seite, die Stimmen jedoch nicht. Im Nachhinein vermutete Seehofer ein wenig verbittert sogar eine Revolte. "Es ist manchmal so, dass auf Parteitagen etwas organisiert wird", sagte er. Den Namen Söder nannte dabei klarerweise nicht.

SMS von Merkel

Leicht haben wird er es in nächster Zeit also nicht, weder mit Söder noch mit Merkel. Und den Streit mit der Kanzlerin wird er aber weiter auf offener Bühne austragen müssen – wenngleich er am Samstag die Geschütze schon ein wenig zurückgefahren hat: Eine Trennung von CDU und CSU, die in solchen Situationen ja immer gern ins Spiel gebracht wird, schloss er vorsorglich aus.

Wie Merkel nun darauf reagiert, bleibt abzuwarten. Gratuliert hat sie Seehofer jedenfalls, und zwar – wie immer – per SMS. Welche Töne sie darin anschlug, wollte Seehofer nicht kommentieren. Er sagte nur: "Sie hat mir sehr freundlich gratuliert."

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