Brexit-Experte: EU kann Briten nicht zu raschen Antrag zwingen

Brexit-Experte: EU kann Briten nicht zu raschen Antrag zwingen
Es gebe keine gesetzliche Verpflichtung nach dem Referendum gleich einen Antrag zu stellen.

Großbritannien hat trotz des Referendums für ein Ausscheiden aus der EU keine gesetzliche Verpflichtung, rasch einen Austrittsantrag zu stellen. Pieter Cleppe vom britischen Thinktank "Open Europe" erklärte im EU-Observer, es gebe keinen legalen Weg, ein Land aus der EU hinauszuschmeißen. Den Austritt in die Wege zu leiten, sei das exklusive Recht jenes Staates, der die EU verlassen wolle.

Die EU könne nichts anderes tun, als politischen Druck auszuüben. Gleichzeitig konzedierte Cleppe, dass "politisch das Referendum bindend ist. Es wird nicht möglich sein, dem zu entkommen". Gemäß Artikel 50 des Vertrags von Lissabon benötigt ein Land, das beabsichtigt, die EU zu verlassen, einen offiziellen Antrag. Es gebe aber keine klaren Regeln, welches Format ein solcher Antrag haben muss, hieß es, außer, dass er den Wunsch zum Austritt eindeutig zum Ausdruck bringen müsse. Der Antrag löse dann eine zweijährige Verhandlungsdauer aus, wobei aber die anderen EU-Staaten eine Verlängerung beschließen können. Es gebe keinen maximalen Zeitrahmen, um die Gespräche abzuschließen.

"Referendum selbst zählt nicht als Antrag"

Der für EU-Angelegenheiten und Menschenrechte an der Universität von Essex lehrende Steve Peers sagte, das "Referendum selbst zählt nicht als Antrag" für einen Austritt. Die Logik hinter einer Verzögerung des Austrittsantrags seitens Großbritannien liege darin, einer neuen Regierung mehr Zeit für die Ausarbeitung einer Verhandlungsposition zu geben. "Die Leave-Seite (die Brexit-Befürworter) hat niemals über ihre Verhandlungsposition nachgedacht" so Peers.

Jedenfalls würde die Unsicherheit bei einer Verzögerung des Austrittsantrags steigen und auch "größeren Schaden für Großbritannien verursachen", meint Peers. Wenn der Austrittsantrag bei der EU eingelangt ist, werde der Rat ein Verhandlungsmandat an die Kommission erteilen, um ein Abkommen mit Großbritannien auszuverhandeln. Der endgültige Deal muss dann von den anderen 27 EU-Staaten mit qualifizierter Mehrheit abgesegnet werden. Angesichts der Sensibilität der Causa dürfte aber Einstimmigkeit das Ziel sein, hieß es.

Der slowakische Außenminister und künftige EU-Ratsvorsitzende im zweiten Halbjahr 2016, Miroslav Lajcak, drängt auf einen raschen Antrag der Briten für den Austritt. "Wir können nicht warten, bis die Konservativen die Kurve kriegen". Gleichzeitig bestätigte er aber auch, dass die EU nur politischen Druck ausüben könne. "Wir können reden", so Lajcak.

Der Brexit-Anführer und britische EU-Abgeordnete Nigel Farrage von der UKIP hat unterdessen einen Fehler in der Kampagne für einen Austritt eingeräumt. Im britischen Fernsehen hatte Farrage auf die Frage, ob er garantieren könne, dass nach einem Austritt die Briten wöchentlich mehr als 350 Millionen Pund (434 Mio Euro), die bisher an die EU gegangen seien, in das Gesundheitswesen des Landes fließen würden, erklärt, er könne das nicht. "Und ich habe dieses Versprechen nicht gemacht - das ist ein Fehler, der in der Leave-Kampagne passiert ist".

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