Boris Johnson gibt sich handzahm und optimistisch über Brexit

Johnson erläutert Kurz die britische Strategie für den EU-Austritt
Erster Besuch des neuen britischen Außenministers in Brüssel.

Es ist kein Scherz: Der neue britische Außenminister Boris Johnson verlor bei seinem ersten Besuch am Montag in Brüssel kein schlechtes Wort über die EU und verblüffte damit seine Amtskollegen. Manche fragten sich, ob der Wortführer der Brexit-Kampagne seit seiner Angelobung vergangene Woche einen Schnellkurs in Diplomatie verpasst bekam. Selbst sein gewöhnlich zerzauster Haarschopf war zurechtgestutzt. Boris Johnson wirkte im dunklen Anzug, weißem Hemd und blauer Krawatte ungewöhnlich angepasst, wie neu erfunden.

Was den EU-Ausstieg Großbritanniens angeht, gab sich der Tory-Politiker betont optimistisch: "Wir verlassen die EU, aber das heißt nicht, dass wir Europa verlassen." Großbritannien werde weiterhin eine führende Rolle spielen. Darin bestärkte ihn auch sein amerikanischer Amtskollege John Kerry, der mit dem britische Amtskollegen eine kurze Unterredung hatte. Alle wollten gestern mit dem neuen britischen Chefdiplomaten reden. Lapidar kommentierte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn die Anwesenheit des EU-Gegners: "Boris Johnson kommt, um zu gehen."Informelle Gespräche Auch wenn die Hohe Beauftragte der EU, Federica Mogherini, bekräftigte, dass es keine Austrittsverhandlungen geben werde, solange nicht der Antrag auf einen Exit von London gestellt sei, kam es zu einigen informellen Gesprächen. Mogherini tauschte sich mit Johnson schon Sonntagnacht aus.

Informelle Gespräche

Außenminister Sebastian Kurz bestätigte Gespräche. "Die dürften relativ gut verlaufen sein." Darauf angesprochen, dass von der EU festgelegt wurde, nicht mit Großbritannien zu verhandeln, solange nicht das Austrittsgesuch da sei und nun offenbar ein Damm gebrochen wurde, erklärte Kurz: Dass es "eine Selbstverständlichkeit" sei, informelle Gespräche mit der neuen Regierung zu führen. Zur Türkei äußerte sich der Brite vorsichtig, er rief die Regierung in Ankara zur "Mäßigung" auf. Wenig bekannt ist, dass Boris Johnson familiäre Beziehung in die Türkei hat. Sein Urgroßvater, Ali Kemal, war der letzte Innenminister des Osmanischen Reiches.

Kommentare