Bei knappem Wahlausgang Unruhen befürchtet

Vor der heutigen Präsidentschaftswahl bei der ein enges Duell erwartet wird, wurden die Sicherheitsmaßnahmen im ganzen Land massiv hochgefahren.

Von Samstag acht Uhr morgens bis um 17 Uhr wird in Nigeria kein fahrendes privates Auto zu sehen sein. In dieser Zeit werden die knapp 70 Millionen Wahlberechtigten zu den Urnen strömen, um einen neuen Staatspräsidenten zu küren. Der Pkw-Bann soll die Sicherheit erhöhen, die Land- und Seegrenzen sind bereits seit Donnerstag geschlossen.

Groß ist die Anspannung und groß auch die Furcht vor dem Tag danach. Denn laut Umfragen liegen der christliche Amtsinhaber Goodluck Jonathan aus dem Süden und sein muslimischer Herausforderer aus dem Norden, Muhammadu Buhari, Kopf-an-Kopf. Sollte es tatsächlich zu einem knappen Ergebnis kommen und beide Seiten den Sieg für sich reklamieren, werden Unruhen befürchtet. Zur Erinnerung: Vor vier Jahren starben bei Zusammenstößen der rivalisierenden Lager rund 1000 Menschen. Deshalb warnte Jonathan eindringlich: "Kein politischer Eifer kann das Vergießen von Blut rechtfertigen."

Kampf gegen Terror

Die Crux des Wahlganges: Beide Kandidaten (die zwölf weiteren sind chancenlos) haben große Makel. Jonathan, 57, steht für ein System das durch und durch korrupt ist und konnte dem Terror der muslimischen Extremisten von Boko Haram lange nichts entgegensetzen. Erst in der jüngsten Vergangenheit wurden Erfolge vermeldet – am Tag vor der Wahl sogar die Einnahme des Hauptquartiers der "Gotteskrieger" im Norden des Landes. Buhari, 72, wiederum war zwischen 1983 und 1985 Chef einer autoritären Militärregierung.

"Der allgemeine Tenor der Leute ist aber schon: Die aktuelle Führung muss weg", sagt der Vorarlberger Rudi Bösch zum KURIER. Der 61-Jährige leitet in der Industriemetropole Lagos (20 Millionen Einwohner) seit 1979 eine Stickerei-Fabrik. Buhari würde die Menschen zwar nicht wirklich überzeugen, doch die Hoffnung sei: "Wenn er nur ein klein wenig besser ist, ist das schon ein Fortschritt." Zuletzt holte Jonathan aber auf – auch "durch Reis-Verteilungen oder Gratis-Sprit für Kochgeräte", wie Bösch weiß.

Das größte Problem in dem 180-Millionen-Einwohner-Land sei nach wie vor die Korruption. "Da werden ganze Schiffsladungen mit falschen Papieren verrechnet, wobei die Fracht gar nie angekommen ist", so Bösch der auch auf der unteren Ebene ein Beispiel parat hat: "Wenn ich von der Polizei etwas will, muss ich immer zahlen."

Ölpreisverfall

Wirtschaftlich leide das Land vor allem am Ölpreisverfall. "Für Nigeria ist das bitter, werden doch 80 Prozent der Staatseinnahmen und 90 Prozent der Exporte aus dem Petro-Bereich bestritten", so die Vize-Handelsdelegierte in Lagos, Andrea Kubista, zum KURIER. Ein weiteres Problem sei zuletzt gewesen, dass im öffentlichen Sektor kaum investiert worden sei. "Alle warten den Ausgang der Wahl ab", betont die 28-Jährige. Und dass die Landeswährung, der Naira, zuletzt massiv an Wert verloren habe, mache Importprodukte teurer. Letzteres freut Rudi Bösch. Denn Billig-Stickereien aus China stellen eine enorme Konkurrenz für den Vorarlberger dar – "dafür muss man jetzt aber um 40 Prozent mehr hinlegen".

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