Thronfolge in Blau-Weiß: Söder nimmt Maß

Horst Seehofer und sein Finanzminister Markus Söder - von Freundschaft zwischen den beiden spricht niemand.
Ministerpräsident Seehofer ist gesundheitlich angeschlagen – sein Finanzminister nutzt das geschickt.

Ausgerechnet Bayreuth. Dort, wo Horst Seehofer normalerweise Heimspiel hat, wo er sich gemeinsam mit der Kanzlerin zu Wagner-Klängen in die Ferien verabschiedet, musste der CSU-Chef heuer passen. Beim Staatsbankett nach der Tristan-und-Isolde-Premiere überließ der bayerische Landesvater diesmal seinen Stellvertretern das Parkett – und fuhr ins Spital.

Thronfolge in Blau-Weiß: Söder nimmt Maß
Bavarian state premier and leader of Christian Social Union (CSU) Horst Seehofer delivers his speech at the party's traditional Ash Wednesday meeting in Passau February 18, 2015. REUTERS/Lukas Barth (GERMANY - Tags: POLITICS)
Dass Seehofer die Nacht nicht mit der Polit-Prominenz parlierend, sondern auf der Intensivstation verbrachte, heizt die Rücktritts-Gerüchte heftiger an denn je – denn schon seit geraumer Zeit wird über den Zustand des Ministerpräsidenten spekuliert. Eigentlich hätte der Landesvater noch drei Jahre bis zur Wahl; seit er allerdings vor einigen Monaten meinte, nur die Gesundheit könne ihm da einen Strich durch die Rechnung machen, wird er die Nachfolge-Debatte nicht mehr los.

"Blut lockt Haie"

Einer, der Seehofers Erbe nur zu gerne antreten würde, ist sein eigener Finanzminister Markus Söder. Schon seit Längerem versucht der 48-Jährige, die Staatskanzlei für sich zu reklamieren; die Schwäche des Ministerpräsidenten ist da nun geradezu eine Einladung. "Blut lockt die Haie", kommentiert die Süddeutsche – denn die beiden verbindet eine Geschichte voller gegenseitiger Anwürfe.

Thronfolge in Blau-Weiß: Söder nimmt Maß
epa04725993 Host Markus Soeder, Bavarian Finance Minister, taps a keg at the Maibock Tapping in the Hofbraeuhaus Brewery in Munich, Germany, 29 April 2015. Soeder and the director of the Hofbraeu Brewery annually invite prominent figures in politics, economics, and culture to the Maibock Tapping. EPA/URSULA DUEREN
Söder, dem Beobachter gerne ein lockeres Mundwerk und die für Bayern nötige Bierzelttauglichkeit attestieren, machte nämlich nie ein Hehl daraus, kein Fan von Seehofers Politik zu sein. Zwar ist er seit Anbeginn in dessen Kabinett, zu verdanken hatte der junge CSUler das aber seinem politischen Ziehvater: Edmund Stoiber, dessen Wort in der Partei noch immer Gewicht hat. Als Seehofer 2007 versuchte, den amtsmüden Stoiber als Ministerpräsident zu beerben, stolperte er über eine außereheliche Affäre – dass dies bis zurBild durchdrang, lastet Seehofer bis heute seinem jetzigen Konkurrenten Söder an. "Schmutzeleien" nannte er das öffentlich.

Breitseiten

Umgekehrt lässt der junge Finanzminister nichts unversucht, um auf die Angeschlagenheit des alten Landeschefs hinzuweisen – gesundheitlich wie politisch. Dass Seehofers Lieblingsprojekte Pkw-Maut und Betreuungsgeld nun gekippt wurden, ist für Söder eine Steilvorlage. Gemein haben die beiden den Hang zum Populismus. Bei Parteiveranstaltungen gibt Söder gern den politischen Unterhalter: "Deutschland geht es nur so gut, weil es uns Bayern gibt", hört man da von ihm. Oder: "Ich habe meinen Doktor gemacht und ihn sogar bis heute behalten" – eine Breitseite des promovierten Juristen auf Karl-Theodor von Guttenberg, den Seehofer gerne als Kronprinz gehabt hätte (siehe Artikel rechts).

Thronfolge in Blau-Weiß: Söder nimmt Maß
ABD0040_20150725 - Markus Söder, Bayerischer Finanzminister (CSU), und seine Frau Karin fotografieren sich mit einem Smartphone am 25.07.2015 bei ihrer Ankunft zur Eröffnung der 104. Bayreuther Festspiele in Bayreuth (Bayern). Die Richard-Wagner-Festspiele dauern bis zum 28. August. Foto: Tobias Hase/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Bei den Wählern kommt Söder an. Mehr als 40 Prozent hätten ihn gern als Ministerpräsidenten, ergab eine Umfrage zu Jahresbeginn. Das Einzige, was den wortgewandten Juristen noch zu Fall bringen könnte, ist vermutlich er selbst – mit seinem Hang zu Medienpräsenz. Dass er kürzlich in der Serie "Dahoam is Dahoam" desBayerischen Rundfunkseine Gastrolle hatte, erzürnte viele – dort durfte er, sich selbst spielend, über seine Erfolge referieren. Seither versucht sich der 48-Jährige wieder mehr als Staatsmann zu gerieren – aber auch das Selfie, das er in Bayreuth von sich und seiner Frau schoss, kam gut an.

Wer, wenn nicht Söder? Die Liste jener CSUler, die Horst Seehofer gerne beerben möchten, ist lang. Bestimmen will die Nachfolge, so hätte es der Parteichef zumindest gerne, er selbst: Seehofer will der Partei damit eine Schlammschlacht wie 2007 nach Edmund Stoibers Rückzug ersparen.

Die besten Chancen hat dabei Ilse Aigner, derzeit Wirtschaftsministerin in München – die 50-Jährige ist in der Partei bestens verankert, wirkt im Vergleich zu Söder aber recht brav. Konkurrenz machen könnte ihr Marcel Huber, er ist Leiter der Staatskanzlei und damit die rechte Hand Seehofers. Außenseiterchancen hat auch Manfred Weber, Sprecher der EVP-Gruppe in Brüssel. Alexander Dobrindt, von Seehofer entsandter CSU-Verkehrsminister in Berlin und einst Hoffnungsträger der Partei, kann sich nach der Schlappe um die Pkw-Maut kaum mehr Hoffnungen auf die Nachfolge seines Parteichefs machen.

Offiziell nicht von Seehofer genannt wird Karl-Theodor zu Guttenberg, wenngleich der Parteichef keinen Hehl daraus macht, dass er gerne einen "Visionär" wie ihn in seinem Team hätte. Der 43-Jährige war 2011 nach der Affäre um seinen Doktortitel zurückgetreten. Dass er aus den USA nach Bayern zurückkehrt, scheint derzeit unwahrscheinlich.

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