Arafat wurde wohl mit Polonium vergiftet

Jassir Arafat
Gerichtsmediziner fanden 18-fach erhöhte Werte; Die Witwe, Suha Arafat, will politischen Mord „aufgedeckt“ haben.

Er war Terrorist und später das Gesicht der Palästinenser in ihrem Kampf um einen eigenen Staat. Er war Friedensnobelpreisträger und am Ende ein fast gebrochener Palästinenser-Präsident, der fast zwei Jahre in seinem Präsidentensitz in Ramallah festsaß, umzingelt von israelischen Truppen. Dort erkrankte der 75-Jährige am 12. Oktober 2004 nach einem Essen, wurde später in ein Spital nach Paris ausgeflogen und starb am 11. November desselben Jahres, nur noch ein Schatten seiner selbst.

Neun Jahre später erhalten seine Witwe Suha und die Weltöffentlichkeit einen sensationellen Befund: Arafat starb keines natürlichen Todes: Er wurde vergiftet.

Stationen im Leben Arafats:

Arafat wurde wohl mit Polonium vergiftet

PRESIDENT YASSER ARAFAT DURING A PRESS CONFERENCE
Arafat wurde wohl mit Polonium vergiftet

Then PLO Chairman Arafat shakes hands with then Is
Arafat wurde wohl mit Polonium vergiftet

YASSER ARAFAT
Arafat wurde wohl mit Polonium vergiftet

FILE MIDEAST ISRAEL PALESTINIANS YASSER ARAFAT
Arafat wurde wohl mit Polonium vergiftet

FRANCE ARAFAT
Arafat wurde wohl mit Polonium vergiftet

Suha Arafat waits as the coffin of her husband is
Arafat wurde wohl mit Polonium vergiftet

MIDEAST PALESTINIANS ARAFAT ANNIVERSARY

Schweizer Gerichtsmediziner, die den exhumierten Leichnam des früheren Palästinenserpräsidenten untersucht hatten, fanden in den sterblichen Überresten das radioaktive Gift Polonium – und zwar in einem 18-fach höheren Wert, als das üblich wäre. Die Mediziner, zu denen auch ein russisches und ein französisches Team gehörten, sind „zu 83 Prozent sicher“, dass Arafat mit Polonium vergiftet wurde, berichtete am Mittwochabend der Sender Al Jazeera.

Dave Barclay, ein renommierter britischer Forensiker und früherer Polizeibeamter, ist mit diesen Ergebnissen überzeugt, dass Arafat ermordet wurde: „Wir haben den rauchenden Colt gefunden, der seinen Tod verursacht hat. Was wir nicht wissen, ist, wer ihn damals in der Hand gehalten hat.“

„Erneut getrauert“

Suha Arafat, die Witwe des Palästinenserchefs, hatte am Dienstag in Paris eine Kopie des Mediziner-Berichtes erhalten. „Als sie mit dem Ergebnis zu mir kamen, habe ich erneut getrauert. Es war so, als hätten sie mir gesagt, er sei gerade gestorben“, sagte Suha Arafat, die schon die längste Zeit den Mordverdacht gehegt hatte. Denn Arafat war im Oktober 2004 zwar schon alt und gebrechlich, aber nach allen medizinischen Daten bei bester Gesundheit – bis zu jenem Essen. „Wir haben einen Mord aufgedeckt, das Verbrechen des Jahrhunderts", sagte Suha Arafat.

2011 hatte Al Jazeera in dem Fall wieder zu recherchieren begonnen. Suha Arafat übergab Kleidungsstücke Arafats, an denen Ärzte Spuren von Polonium fanden. Der Bericht „Wer ermordete Arafat“ und das Drängen seiner Witwe führte im Juli 2012 zu einer französischen Morduntersuchung und zur Exhumierung der Leiche Arafats aus seinem Mausoleum in Ramallah im Westjordanland.

Polonium ist ein seltenes, aber in kleinsten Mengen absolut tödliches Gift. Der Fall weckt Erinnerungen an den Tod des früheren russischen Agenten Alexander Litvinenko. Dieser war im November 2006 an einer Polonium-Vergiftung gestorben, nachdem er in einem Londoner Hotel mit dem russischen Agenten Andrej Lugowoi und dem Geschäftsmann Dmitri Kowtun Tee getrunken hatte.

Wer Arafat ermordet haben könnte, darüber werden jetzt die wildesten Spekulationen losbrechen. Israel, das auch im Friedensnobelpreisträger noch einen Terroristen sah, hat stets dementiert, irgendetwas mit seiner Krankheit oder seinem Tod zu tun zu haben.

Mühsam hatten die USA Israelis und Palästinenser an den Verhandlungstisch gezerrt. Doch seit gestern ist alles ganz anders: Eine Meldung versetzt dem gesamten Prozess einen massiven Schlag, möglicherweise den Todesstoß. Denn wie der arabische Sender Al Jazzera berichtet, wurde die Freiheitsikone der Palästinenser, der 2004 verstorbene Präsident Yassir Arafat, mit Polonium vergiftet, ein politischer Mord also.

Als Täter kommen in Wahrheit nur inner-palästinensische Rivalen in Frage oder Israel. Dessen früherer Premier Olmert hatte die Ausschaltung Arafats einmal als Option bezeichnet. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen werden nicht lange auf sich warten lassen. Eine neue Gewalt-Eskalation ist wahrscheinlich.

Viel schwerer aber wiegt: Es wird sich wohl nie mehr klären lassen, wer Arafat liquidiert hat. Damit geistert er gleichsam als Untoter durch den Friedensprozess, der diesen Namen ohnehin schon lange nicht mehr verdient, und wird posthum zu einer neuen, unüberwindlichen Hürde.

Dem „Freiheitskämpfer“, dem die Mühen der Politik nicht wirklich interessierten und der sich dem Wandel zum Staatsmann verweigerte, würde das vielleicht sogar gefallen. Für die Menschen in der Region ist die spektakuläre Wende fatal.

Die Nobelpreisträgerin Marie Curie entdeckte das chemische Element Ende des 19. Jahrhunderts und nannte es zu Ehren ihrer polnischen Heimat Polonium. Das radioaktive Schwermetall ist in geringen Mengen in Uranerzen enthalten. Es kommt in verschiedenen Isotopen vor, darunter Polonium 210. Pro Jahr werden schätzungsweise 100 Gramm Polonium hergestellt. Es wird als Neutronenquelle benutzt, auch zum Zünden einer Atombombe. Es wird auch als Wärmequelle für thermoelektrische Zellen zum Beispiel in der Raumfahrt eingesetzt.

Schon ein Millionstel Gramm Polonium 210 kann einen Menschen töten. Das Radionuklid sendet zwar nur eine kurze Alphastrahlung aus, die durch Kleidung, Papier oder Haut abgehalten wird. Es wird aber gefährlich, wenn Polonium geschluckt, eingeatmet oder über Wunden aufgenommen wird. 2006 wurde der russische Kreml-Kritiker Alexander Litwinenko in London mit Polonium ermordet. Er wurde mit der radioaktiven Substanz im Tee vergiftet. Zudem gibt es Spekulationen um einen Mord mit Polonium an dem türkischen Präsidenten Turgut Özal 1993.

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