USA

"Anti-Trump" Ben Carson in Führung

US-Wahlkampf. Dritte TV-Debatte der republikanischen Präsidentschaftskandidaten.

Ein Star war der renommierte Neurochirurg Ben Carson (64) in den USA schon seit langem: Weltberühmt wurde der Sohn einer bitterarmen schwarzen Familie in Detroit wegen seiner spektakulären Trennungsoperationen an siamesischen Zwillingen. Hollywood entdeckte die Erfolgsgeschichte des einst jüngsten Chefarztes in den USA für sich, im Film "Begnadete Hände" spielte Cuba Gooding jun. Carsons Aufstieg nach.

Außergewöhnlich ist auch die jüngste Wendung, die der 64-jährige, tief gläubige Christ seinem Leben gab: Als einer von zehn verbliebenen Kandidaten für die Republikanische Partei will Carson bei den Wahlen 2016 ins Weiße Haus einziehen. Dabei schlug sich der stets sanft, aber überzeugt auftretende Konservative so gut, dass er seit einigen Tagen die Umfragen anführt – und den bisherigen Spitzenreiter, Bautycoon Donald Trump abhängte. 26 Prozent der konservativen Wähler würden demnach Ben Carson zum Präsidenten wählen, 22 Prozent Trump. Weit abgeschlagen dagegen der einst als Favorit gehypte Jeb Bush (7 Prozent), Bruder von Ex-Präsident George W. Bush sowie die jungen Super-Konservativen Marco Rubio (8 Prozent) und Ted Cruz (4 Prozent).

"Ein Langweiler"

Entsprechend erbost twitterte Trump noch vor der dritten TV-Debatte der republikanischen Kandidaten am Mittwoch Abend gegen seinen Konkurrenten: "Carson ist ein Langweiler."

"In gewisser Weise ist Ben Carson der "Anti-Donald-Trump", sagt USA-Experte und Politikwissenschafter Reinhard Heinisch. "Im Gegensatz zum Egomanen, Scharfmacher und Rassisten Trump tritt Carson immer höflich auf, versucht niemanden anzugreifen und gilt persönlich als extrem integer", schildert der Professor an der Uni Salzburg dem KURIER.

Dennoch gibt Heinisch dem neuen Liebling der rechten Anti-Establishment-Anhänger keine Chancen, jemals ins Weiße Haus einzuziehen: "Carson hat jetzt von den konservativen Kandidaten profitiert, die das Rennen wieder verlassen haben. Deren Anhänger sind zu ihm gewandert, denn die Wutbürger, die für Trump waren, waren immer schon bei Trump."

Bewährungsprobe

Zudem gebe der Anfang des US-Wahlkampfes, wo sich zunächst alles über die Medien abspiele, immer den Radikalen und den ausgewiesenen Anti-Politikern Vorteile. Doch die echten Bewährungsproben kommen mit den ersten Vorwahlen und dem Super-Tuesday (1. März), wo mehrere US-Bundesstaaten abstimmen. Ohne große Wahlkampfmaschinerie, über die Carson nicht verfügt, seien die Wahlen nicht zu schlagen, glaubt Heinisch. "Das muss man sich so vorstellen: Er kommt aus dem politischen Nichts – und muss in 50 Bundesstaaten die gesamte Logistik und Planung durchzuziehen. Und er wird Fehler machen." Letztendlich, so Heinisch, "werden sich trotz aller Anti-Establishment-Stimmung die Etablierten in der republikanischen Partei durchsetzen."

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