Dschihadist kam als Flüchtling

Der Marokkaner Abdel Majid T. gilt als Zentralfigur des Anschlags in Tunis
Die Zentralfigur des Anschlages in Tunis mit vielen ausländischen Toten wurde gefasst.

Der italienischen Polizei gelang am Mittwoch ein wichtiger Schritt zur Terror-Prävention: Unweit von Mailand nahm die Spezialeinheit Digos den 22-jährigen Abdel Majid T. fest. Der Mann aus Marokko dürfte laut Behörden eine zentrale Rolle bei dem Anschlag vergangenen März auf das Bardo-Nationalmuseum in Tunis gespielt haben. Dabei kamen 24 Menschen, darunter zahlreiche ausländische Touristen, ums Leben.

Abdel Majid T., der sich auch "Abdallah" nennt, war im Februar mit einem Flüchtlingsboot mit weiteren 90 Menschen im Hafen von Porto Empedocle auf Sizilien angekommen. Auf Anweisung der Staatsanwaltschaft von Agrigento wurde er abgeschoben, weil er kein Recht auf Asyl in Italien hatte. Dies teilte der Mailänder Digos-Chef Bruno Megale auf einer Pressekonferenz am Mittwoch mit.

Mutter lebt in Mailand

Nach dem Anschlag in Tunis, an dem er laut Ermittlern maßgeblich beteiligt gewesen war, ist er erneut nach Italien gekommen. Es ist allerdings noch nicht bekannt, wann und auf welchem Weg. Bisher wurde auch nichts zur Biografie und zum sozialen Umfeld des Verdächtigen bekannt gegeben. Seine Mutter, die als Altenpflegerin arbeitet, und seine beiden Brüder leben in einem Vorort von Mailand.

Tunesische Behörden bezeichnen "Abdallah" als einen Drahtzieher des Attentats. Er soll der Terrortruppe "Islamischer Staat" (IS) nahestehen. Gegen Abdel Majid T. wurde ein internationaler Haftbefehl verhängt.

Der mutmaßliche Terrorist wird derzeit im Mailänder San Vittore-Gefängnis festgehalten. Da ihm im Falle einer Abschiebung nach Tunesien die Todesstrafe droht, könnte der Prozess in Italien stattfinden. Die von der tunesischen Polizei ausgehändigte Liste der von Abdel Majid T. begangenen Straftaten ist lang: Mord, bewaffnete Geiselnahme, Beteiligung an einer Terrorgruppe sowie Verschwörung gegen die innere Sicherheit. Außerdem soll der junge Mann Dschihadisten für Terroranschläge rekrutiert haben.

Für Polemik sorgt vor allem die Frage, wie sich Abdel Majid T. trotz Aufenthaltsverbots in Italien frei bewegen konnte und den Kontrollen entging. "Abdel Majid hat in Italien keine dem Fundamentalismus nahestehenden Moscheen besucht. Bevor wir von Geheimdiensten und tunesischen Behörden gewarnt wurden, war er für uns bis auf den Abschiebe-Bescheid ein Unbekannter gewesen", so Digos -Chef Megale.

Heftiger Politstreit

Die aktuelle Festnahme löst in Italien erneut Diskussionen über die Gefahr aus, dass sich Terroristen unter Bootsflüchtlinge mischen könnten. Während Premier Matteo Renzi und Innenminister Angelino Alfano den Einsatz der Polizei und der Spezialeinsatzkräfte lobten, übte die Opposition, darunter vor allem die rechtspopulistische Lega Nord, scharfe Kritik. Lega-Chef Matteo Salvini forderte die Aussetzung des Schengen-Abkommens und die sofortige Wiedereinführung von Grenzkontrollen. "Die Lega hat auf diese Gefahr seit Langem hingewiesen. Alfano muss zurücktreten", polterte Salvini im Internet. Die frühere Ministerin und Forza-Italia-Politikerin Mariastella Gelmini erklärte: "Unser Land wird von Terroristen als logistische Basis genutzt. Wir haben den Feind vor der eigenen Haustür."

Vor allem Innenmister Alfano gerät ins Schussfeld von Abgeordneten der Fünf-Sterne-Protestbewegung: "Wir haben von Alfano erst kürzlich gehört, dass keine erhebliche Gefahr in Italien besteht. Aber in der Realität verwandelt seine Inkompetenz unser Land in ein Nachschubgebiet für dschihadistische Zellen."

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