Muslimbrüder in der Defensive

Angst der Islamisten. Am Dienstag beginnt der Prozess gegen Ex-Führungskräfte der Muslimbrüder.

Vor einem Jahr haben Mohammed Badie, Raschad Bajumi und Chairat al-Shater haben noch feine Anzüge getragen, sind von Chauffeuren zu ihrer Arbeit gefahren worden, haben viel Geld dafür bekommen, Politik für Ägypten zu machen. Momentan sitzen sie – möglicherweise in Häftlings-Overalls – in einer Kairoer Haftanstalt. Am Dienstag geht der Prozess gegen die Führungsriege der Muslimbruderschaft weiter. Ihr ehemaliger Chef Badie, sein Stellvertreter Bajumi und der Ex-Präsidentschaftskandidat al-Shater stehen dann vor dem Richter. Sie müssen sich wegen Anstiftung zum Mord, in Zusammenhang mit der Gewalt gegen Demonstranten vor dem Hauptquartier der Muslimbrüder, kurz vor dem Fall von Präsident Mohammed Mursi am 3. Juli, verantworten. Sie könnten mehrere Jahre, möglicherweise sogar lebenslänglich hinter Gitter kommen.

Die drei sind nicht die einzigen, denen der Prozess gemacht wird. Das Verfahren gegen den gestürzten Präsidenten Mursi geht am 4. November los, Dutzende andere Prozesse gegen insgesamt rund 200 Mitglieder der Muslimbruderschaft sind noch ausständig. Die Bewegung selbst wurde im September verboten, Hunderte Mitlgieder und Tausende Demonstranten in den vergangenen vier Monaten verhaftet. Wie ein Islamist auszusehen, einen langen Bart zu tragen oder einen Niquab, ist in Teilen Ägyptens mittlerweile sogar gefährlich. Es gilt ein Generalverdacht.

Hier und jetzt rasieren!

Für konservative sunnitische Muslime sind diese zwei Symbole wichtiger Ausdruck ihres Glaubens. Ahmad El Haga wurde sein Bart an einem Checkpoint in einem Armenviertel Kairos zum Verhängnis: „Du rasierst dir hier und jetzt deinen Bart ab, oder wir überlassen dich der Bürgerwehr“, sagten die Polizisten damals zu ihm. Die Männer der Bürgerwehr sind oft von der Polizei angeheuerte Kriminelle. El Haga willigte ein – ein Polizist ging um Rasierzeug zu kaufen.

Andere, etwa der Arzt Amir Elsherif und der Mechaniker Ramy Hussein haben vorsorglich ihre Bärte abrasiert. Sie wollen keine Schwierigkeiten bekommen, denn der Hass auf Mursi-Anhänger und Mitglieder der Muslimbruderschaft sind an einem Höhepunkt angelangt.

Die Übergangsregierung und das Militär haben sich dem Kampf gegen die Muslimbruderschaft verschrieben. Regierungsgegner glauben, dass die laufenden Prozesse nicht dafür da sind, um Gerechtigkeit walten zu lassen, sondern, um die Bewegung zu diskreditieren und sie als Gewalt säende Gruppe darzustellen.

In den örtlichen Medien werden die Verbechen der Muslimbruderschaft angeprangert und deren terroristische Ideologie. In der Bevölkerung ist die islamistische Gruppierung mittlerweile verhasst. Aber nicht alle mit Bart oder Kopftuch sind glühende Verfechter der Ideologie der Muslimbrüder oder der Politik Mohamed Mursis. Nachgefragt wird in der allgemeinen Hysterie aber nicht.

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