Armee rüstet sich für eine Sinai-Offensive

Während die Muslimbrüder in Kairo zur Massendemo aufriefen, verlegte die Armee ihre Truppen auf den Sinai.

Beobachter der Situation in Ägypten verschoben ihre Aufmerksamkeit spätestens am Donnerstag von Kairo auf den Sinai. Die Meldungen von der Halbinsel waren nach Mursis Sturz fast untergegangen: Der Gouverneurssitz in der Stadt al-Arish war von Hunderten Islamisten überfallen worden, die Pipeline, die Gas nach Jordanien transportiert, gesprengt, ein Kopte entführt und enthauptet worden. Hunderte Menschen waren auf der Halbinsel in der vergangenen Woche getötet worden – bei Anschlägen von Extremisten und Gegenschlägen der Sicherheitskräfte.

In den Tagen nach dem Sturz Mohammed Mursis am 3. Juli schien der ägyptischen Führung die Kontrolle auf der Halbinsel zwischen dem ägyptischen Festland und Israel entglitten zu sein. Vor allem im Norden, wo bewaffnete Islamisten jetzt versuchen, ihren Machtbereich auszudehnen.

Mit Israel gegen Islamisten

Armee rüstet sich für eine Sinai-Offensive
„Mit unseren eigenen Körpern werden wir die Dschihadisten davon abhalten, am Sinai ein islamisches Emirat zu errichten“, sagte der ägyptische General Ahmed Wasfi vor einer Woche. Wasfi sollte nur wenige Tage später erleben, wie nah er mit seiner Aussage an der Wahrheit lag. Am Donnerstag entging der Heereskommandant – ein enger Vertrauter von Militärchef Fattah al-Sisi – nur knapp einem Attentat. Rund 30 Extremisten stoppten seinen Konvoi auf dem Weg in die Stadt Al-Arish mit Panzerabwehrraketen und Explosionen. Mehrere Soldaten wurden dabei getötet. Wafsi war erst vier Tage zuvor auf die Sinai-Halbinsel gekommen, um dort eine Offensive gegen islamistische Extremisten zu leiten.

Am Donnerstag verschob die ägyptische Armee Truppen aus Port Said, Ismailia und vom Suezkanal auf den Sinai. Israel, das selbst seine Truppen an der Grenze zu Ägypten stark aufgestockt hatte, gab sein O. K. Eigentlich ist die Halbinsel laut dem Friedensvertrag von 1979 eine weitgehend entmilitarisierte Zone. Doch das Sicherheitsvakuum, das sich daraus ergeben hatte, machte es zu einer Basis für internationale Dschihadisten und El-Kaida-nahe Gruppen und Extremisten aus dem Gazastreifen, die von dort aus Angriffe auf Israel und auf ägyptische Sicherheitskräfte ausführen. Die Gruppen wurden in den vergangenen zwei Jahren gefährlicher. Unter anderem durch Waffen, die nach dem Sturz von Muammar Gaddafi aus dessen Beständen in Libyen den Weg auf den Sinai gefunden haben.

Die Israelis sind zum besorgten Zuschauer geworden. Bis jetzt hielt sich die Politik – auf Anweisung von Premier Netanyahu – mit Statements zurück. Die Kooperation der beiden Armeen funktioniere nach wie vor gut, berichtet die israelische Tageszeitung Haaretz.

Washington schickt Kampfjets

Die USA ihrerseits unterstützen das ägyptische Militär weiter. Sie kündigten an, die Lieferung von vier F-16-Jets, trotz der Unruhen, wie geplant durchzuführen. Gleichzeitig beriet Washington über die Zukunft der Militärhilfen von 1,5 Milliarden Dollar, die im Fall eines Militärcoups eigentlich zu stoppen wären.

Die Lage in Kairo war am Donnerstag ruhig. Für Freitag riefen die Muslimbrüder zu einem „Millionen-Menschen-Marsch“ für Mursi auf. Die Angst vor Zusammenstößen ist groß. Die Fußball-Saison ist gestern wegen der Unruhen vorzeitig beendet worden.

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