Frankreich hat eigenes Prism-Programm

The Eiffel Tower casts its shadow on the Seine River next to the Iena bridge and the Trocadero square in Paris June 7, 2013. REUTERS/Benoit Tessier (FRANCE - Tags: SOCIETY TRAVEL CITYSPACE)
Auch der französische Geheimdienst soll Daten im großen Stil sammeln und weiter verwerten.

Im Internet haben die Franzosen gerade viel Spaß mit Edward Snowden: Das französisch-russisch Magazin Le Courrier de Russie hat das Spiel „Wo ist Snowden“ online gestellt. Dabei gilt es, den US-Geheimdienstent-hüller innerhalb von 30 Sekunden auf dem Bild einer riesigen Menschenmenge vor dem Kreml auszumachen, ehe man ins nächste Level aufsteigen kann (www.where-is-snowden.com).

Weniger Spaß hat gerade Frankreichs Präsident François Hollande, der ohnehin genug Probleme hat (siehe rechts), in Sachen Geheimdienst. Nicht nur hat sich Außenminister Laurent Fabius bei seinem bolivianischen Amtskollegen für die Verweigerung der Überflugrechte für Präsident Evo Morales entschuldigt und „Verwirrung“ über den Eigentümer des Flugzeuges angegeben (Morales hatte in Wien zwischenlanden müssen und über US-Druck auf EU-Staaten geschäumt, weil Washington Snowden an Bord der Präsidentenmaschine vermutet hatte). Jetzt hat Frankreich auch noch seinen handfesten eigenen Geheimdienstskandal.

Sammlung im Keller

Laut einem Bericht der Tageszeitung Le Monde speichert der Auslandgeheimdienst DGSE systematisch alle Kommunikationsdaten innerhalb Frankreichs und von Frankreich ins Ausland. Im Untergeschoß der DGSE-Zentrale in der Pariser Rue Mortier befinde sich der Hypercomputer, der alle SMS, Mails, Faxe, alle Telefonate, Facebook- und Twitter-Postings sowie Google-Suchen aufzeichne. Die Daten würden jahrelang gespeichert.

Wenn es einen Verdachtsfall gebe – etwa kriminelle Aktivitäten mit terroristischem Hintergrund –, würden die Inhalte abgerufen werden. Aber auch Zoll oder Rauschgiftfahndung hätten Zugriff. Und mehr noch: Französische Unternehmen und Konzerne würden mit Daten von ausländischen Konkurrenten versorgt, um ihnen Wettbewerbsvorteil zu ermöglichen.

Die Abhöraktivitäten seien völlig illegal, weil nie vom Parlament genehmigt und ohne rechtliche Basis.

In der Öffentlichkeit überraschen die Enthüllungen von Le Monde wenig: Dass der Auslandsgeheimdienst höchst aktiv ist, war bekannt. Und die Existenz des Hypercomputers war vom Dienst selbst vor einiger Zeit gerühmt worden: Es sei nach einem britischen Gegenstück der größte in Europa, die von ihm abgegebene Hitze würde ausreichen, das gesamte DGSE-Gebäude zu heizen.

Das Büro von Premierminister Jean-Marc Ayrault erklärte am Donnerstagabend, der Bericht sei „nicht exakt“. Es gebe „mehrere Dienste“, die aus Sicherheitsgründen Daten abfingen, darunter der DGSE, der Inlandsgeheimdienst und der Zoll. Alle diese Spähmaßnahmen seien gesetzlich geregelt. Der im Parlament für Geheimdienste zuständige sozialistische Abgeordnete Jean-Jacques Urvoas meldete Zweifel an dem Le Monde-Bericht an. Geheimdienstangelegenheiten würden sich nur schwer mit „Fantastereien und Ungenauigkeiten“ vertragen, erklärte er. Dass sämtliche Daten angezapft und gelagert würden, entspreche nicht der Realität, wie er sie kenne.

Diese Formulierung lässt dann doch einigen Interpretationsspielraum...

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