Abdullah führt bei Wahl in Afghanistan

Abdullah Abdullah
Der frühere Außenminister liegt vorn, es könnte aber zu einer Stichwahl kommen.

Bei der Präsidentenwahl in Afghanistan deuten die Zwischenergebnisse auf die Notwendigkeit einer Stichwahl hin. Der frühere Außenminister Abdullah Abdullah führt nach Angaben der unabhängigen Wahlleitung vom Sonntag nach Auszählung von knapp der Hälfte der Stimmen zwar mit 44 Prozent. Sollte kein Kandidat in der ersten Runde die 50-Prozent-Hürde überspringen, ist ein zweiter Wahlgang erforderlich.

Auf Platz zwei liegt derzeit Ex-Finanzminister Ashraf Ghani mit 33 Prozent der Stimmen. Salmai Rassul, der von zwei Brüdern des scheidenden Präsidenten Hamid Karzai unterstützt wird, kommt auf zehn Prozent. Karzai tritt nach zwölf Jahren im Amt nicht wieder an.

Das Endergebnis will die Kommission am 14. Mai verkünden. Sollte kein Bewerber eine absolute Mehrheit erhalten, ist für den 28. Mai eine Stichwahl vorgesehen. An der Wahl hatten sich am 5. April trotz Anschlagsdrohungen der Taliban Millionen Menschen beteiligt.

Abdullah sagte am Sonntag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters, sein Lager habe eigentlich einen deutlicheren Vorsprung erwartet. "Wir hoffen aber immer noch, dass die Wahl in der ersten Runde entschieden wird." Er strebe allerdings keine Zusammenarbeit mit einem der anderen Kandidaten an, um dadurch eine zweite Wahlrunde überflüssig zu machen.

Hohe Wahlbeteiligung

Im In- und Ausland war der relativ friedliche Urnengang der ersten Runde als Erfolg gewertet worden. Mit einer überraschend hohen Wahlbeteiligung trotzten viele Afghanen den Drohungen der radikal-islamischen Taliban. Manche Beobachter bezweifeln aber, ob auch bei einer Stichwahl viele Bürger an die Urnen kommen. Auch auf hohe Kosten wird verwiesen. Die erste Wahlrunde soll - auch wegen hoher Sicherheitsvorkehrungen - etwa 100 Millionen Dollar (72,18 Mio. Euro) gekostet haben. Zudem wurden am Sonntag Vorwürfe der Wahlfälschung laut. Der örtliche Wahlleiter der Provinz Herat sagte Reuters am Sonntag, mehr als 100.000 Stimmen aus 27 Wahllokalen seien für ungültig erklärt worden.

Korruptionsvorwürfe gegen Karzai

Der frühere Außenminister, der bei der umstrittenen Wahl 2009 gegen Karzai verloren hatte, sprach sich gegen eine Strafverfolgung Karzais aus, dem wiederholt Korruption vorgeworfen worden war. "Ich würde einen derartigen Kurs nicht verfolgen, das wäre eine Politik der Rache und der Vergeltung. Unsere Hauptaufgabe bei der künftigen Regierung wird sein, uns um die Prioritäten der Nation zu kümmern", sagte Abdullah der Nachrichtenagentur AFP. Er war 2009 gegen Karzai in der Stichwahl gelandet, hatte sich aber aus Protest gegen angebliche Fälschungen zurückgezogen.

Abdullah, der in den 90er Jahren gegen die Taliban kämpfte, sagte die Wahl sei "die Zurückweisung der Talibanisierung des Landes". Er versicherte, anders als Karzai werde er insbesondere bei den Frauenrechten keine Zugeständnisse an konservative Kräfte machen. "Die Kompromittierung fundamentaler Werte kommt nicht infrage. Dies sind Werte, für die Menschen Opfer erbracht haben, und Errungenschaften des afghanischen Volkes", sagte Abdullah. Die "Rechte des Volkes" zu opfern werde keinen Frieden bringen.

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