Was Kern wirklich meint – kleine Übersetzungshilfe

Martina Salomon

Martina Salomon

Was Kern wirklich meint.

von Dr. Martina Salomon

über die Gedanken hinter den Interviewsätzen.

Diese Woche erfreute uns der neue Bundeskanzler Christian Kern mit einer erfrischenden Parlamentsrede und Interviews in allen Medien. Manche Journalisten empfing er gleich gruppenweise. Das spart Zeit. Christian Kern ist ein Marketingprofi. Was er wirklich meint, wenn er etwas sagt – hier eine kleine Übersetzungshilfe (mit den dazugehörigen Originalzitaten in Klammer):

"Habt mich lieb. Ich bin kein arroganter, kalter Machttechniker vom Schlage Alfred Gusenbauer. Und glaubt mir doch endlich, dass ich das Kanzleramt nie aktiv angestrebt habe. (KURIER: "Ich bin nie in der Sandkiste gesessen und habe behauptet, ich will Bundeskanzler werden.")Ich habe vor, der bessere Franz Vranitzky zu sein. (Rede im Parlament: "Wer keine Visionen hat, der wird bald tatsächlich einen Arzt brauchen.")

"Werner Faymann machte den Fehler, auf uns Spitzenmanager zu pfeifen. Nie gewährte er eine Audienz und ließ sich lediglich von Arbeiterkämmerer Werner Muhm beraten. Logisch, dass unser Frust – vom ÖBB- bis zum Voest-Chef – über den Kanzler täglich wuchs." (KURIER: "Wir haben uns immer wieder bei Veranstaltungen gesehen, aber er hatte einen anderen Beraterkreis.")

"Die SPÖ ist kaputt. Fragen Sie mich bloß nicht, wie ich diesen Haufen wieder auf Linie bringen und den Richtungskampf zwischen Links (rote Rathaus-Frauenfraktion) und Rechts (burgenländische Hardliner) schlichten werde." (KURIER: "Die SPÖ bietet eine Basis, in der Verbesserungen möglich sind.")

"Wir werden unseren antifaschistischen Habitus, mit dem wir speziell bei Wahlen immer recht gut fahren, nicht aufgeben. Aber diese lächerliche Abgrenzung zur FPÖ ist demnächst Geschichte. Rot-Blau muss eine Option werden. Da sind wir in der SPÖ von links bis rechts übrigens einiger, als Sie, liebe Journalisten, und der Koalitionspartner glauben." (Die Presse: "Es wird einen Katalog geben, in dem die Bedingungen definiert werden, unter denen wir bereit sind, mit anderen Parteien zusammenzuarbeiten.")

"Leutln, wir sagen das zwar noch nicht laut, um die ÖVP nicht zu schrecken, aber natürlich werden wir Sozialdemokraten über Vermögenssteuern und Wertschöpfungsabgabe nachdenken." (KURIER: "Das Ziel muss sein, Arbeitskosten zu entlasten und trotzdem das soziale Netz zu sichern.")

"Schön blöd, dass der Gerhard Zeiler mein Strahle-Image beschädigt und uns in Interviews als Königsmörder dargestellt hat, die monatelang heimlich am Anti-Faymann-Putsch bastelten. Lasst mich die ganze Sache doch in ein etwas milderes Licht rücken." (Kronen Zeitung: "Wir haben natürlich im Freundeskreis diskutiert, dass es in dem Land Veränderungen braucht.")

"Sehr lässig, dass mich jetzt alle als Messias, gar als Inkarnation von Humphrey Bogart, betrachten. Aber was sag’ ich in einem halben Jahr, wenn mir der Heiligenschein in den Mühen der Ebene verrutscht?" (Kleine Zeitung: "Sie dürfen sich keine Zauberkunststücke erwarten.")

Und was sagt der Vizekanzler dazu? Im Parlament zitierte Reinhold Mitterlehner Hesse: "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne." Was übersetzt natürlich bedeutet: "Lieber neuer Kanzler, möge deine Entzauberung so schnell gehen wie meine Entwaffnung als Django."

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