Diktatur der Moralapostel

Martina Salomon

Martina Salomon

Dem Bürger wird vorgeschrieben, wie er zu essen, reden, denken und sich zu bewegen hat.

von Dr. Martina Salomon

über die Diktatur der Moralapostel

Haben 220 Jahre nach der französischen Revolution die Tugendterroristen, die freudlosen "Robespierres", gesiegt? Scheint tatsächlich so zu sein. Ganz besonders in Österreich. Dem Bürger wird zunehmend vorgeschrieben, wie er zu essen (mäßig & bio), reden (gegendert), denken (politisch korrekt) und sich zu bewegen hat (natürlich per Rad). Wäre das Büchner-Stück "Dantons Tod" im Burgtheater nicht gar so miserabel inszeniert, könnte man dort gerade sehen, wie eine ursprünglich bürgerliche Revolution aus den Fugen gerät und der moralische Furor in blutigen Terror umschlägt.

Jetzt ist es natürlich nicht so, dass die Moralapostel demnächst eine Guillotine in der Begegnungszone der Mariahilfer Straße errichten werden, aber einen virtuellen Pranger gibt es längst. Dort werden alle hingestellt, die noch immer Auto fahren (Umweltzerstörer!), Burschenschaftern ein Demonstrationsrecht einräumen (Faschisten!) und weniger Regulierung verlangen (Konzernknechte!). Eine Minderheit hat die Mehrheit der Gesellschaft und damit auch die feige Politik in Geiselhaft genommen.

Jüngstes Beispiel eines sinnlosen Gesetzes: Weil Hunderte Millionen Inder (und auch andere Nationen) den Plastikmüll fatalerweise auf der Straße und damit auch in die Meere entsorgen, bevormundet man nun die europäischen Bürger. Damit werden selbst die leidenschaftlich mülltrennenden Österreicher via EU-Verordnung zur Plastiksackerl-Reduktion gezwungen. Dabei wird unser Plastik nicht nur wiederverwertet, sondern erleichtert auch die Arbeit der Müllverbrennungsanlagen.

Auf der Welt (minus Österreich) ändert der politisch-korrekte Aktionismus allerdings gar nichts. Die internationale NGO-Industrie kann dennoch einen Erfolg feiern, auch wenn es nur ein Pyrrhus-Sieg ist. Baumwoll- und Papiersackerln haben nicht unbedingt eine bessere Öko-Bilanz als Plastik-Taschen.

Unangenehmerweise ist es in der digitalen Welt einfach geworden, das Verhalten jedes Einzelnen zu überwachen. Wir geben ja sogar eine Menge an Daten durchaus freiwillig her (siehe Facebook oder Kundenkarten). Da ist es nur logisch, dass Firmen, etwa Versicherungen, daraus Bonus-Systeme basteln. Aufregen sollten wir uns darüber (noch) nicht. Zumindest die Idee der Generali (niedrigere Krankenversicherung bei Fitness-Check via App) ist ja ein freiwilliges System. Die Moralapostel, die uns ansonsten gern unser Leben vorschreiben würden, rücken dagegen bereits zu Felde. Womit sich die Katze in den Schwanz beißt.

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