Der Tax Freedom Day ist gefährlicher Unsinn

Hermann Sileitsch-Parzer

Hermann Sileitsch-Parzer

Der Tax Freedom Day ist gefährlicher Unsinn

von Hermann Sileitsch-Parzer

Über die Steuermoral

Wussten Sie, dass sie erst ab dem 21. August wirklich frei sind? Das suggeriert zumindest der „Tax Freedom Day“, der in Österreich vom wirtschaftsliberalen Austrian Economics Center propagiert wird (zur Story hier). Heuer fällt er wie im Vorjahr auf den 21. August. (Wobei: 2016 war ein Schaltjahr – aber das nur am Rande).

Jedenfalls lautet die Botschaft: Bis zu diesem Tag haben die Österreicher angeblich nur für Vater Staat gearbeitet, erst ab dann dürfen sie in die eigene Tasche wirtschaften. Mit Verlaub: Das ist nicht nur eine sehr triviale Vorstellung von Freiheit. Es ist auch inhaltlich Quatsch.

So ungern wir alle Steuern zahlen: Dieses Geld wird nicht einem anonymen Leviathan in den Rachen geworfen, sondern wir alle nehmen dafür ganz selbstverständlich Gegenleistungen in Anspruch. Der „Tax Freedom Day“ unterschlägt das aber und betreibt damit ein gefährliches Spiel, weil er die Steuermoral untergräbt. Was aber wohl im Sinne der Erfinder, des erzkonservativen US-Think-tanks Tax Foundation, war. Da passt es ins Bild, dass die Berechnung nicht zwischen Steuern und Abgaben differenziert, die eigentlich Versicherungsleistungen sind.

Das Konzept des Steuerzahlertages mag lustig und anschaulich sein, es ist aber sinnlos – es sei denn, man sieht in der Höhe der Steuern einen Wert an sich. Das tun aber nur ideologisch verbohrte Ökonomen. Für die weit rechts gilt: Je weniger Steuern, desto besser. Und für die weit links gilt: Je mehr Steuern, desto besser. So hat kürzlich ein Arbeiterkammer-Experte Kanzler Christian Kern dafür kritisiert, dass er sich gegen ein weiteres Ansteigen der Abgabenquote ausspricht. Das sei ein „erzkonservatives Konzept“.

Beide Seiten sind auf dem Holzweg. Entscheidend ist nämlich, was mit den Steuern finanziert wird und ob diese Mittel durch den Staat effizient verwendet werden. Woran man in Österreich durchaus berechtigte Zweifel hegen darf.

Leicht fehlgeleitet ist übrigens auch die Junge Industrie: Weil der „Tax Freedom Day“ wie 2015 auf den 21. August fällt, sieht sie den Beweis erbracht, dass die Steuerreform „komplett fehlgeschlagen“ ist. Kleiner Tipp: Das könnte man auch einfacher überprüfen. Einfach auf den Gehaltszettel schauen.

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