Versandelungsgefahr

Martina Salomon

Martina Salomon

Die oft in Gangs auftretenden Loser richten enormen volkswirtschaftlichen Schaden an.

von Dr. Martina Salomon

über Sprayer

Kennen Sie die "Broken-Windows-Theorie"? Schon eine dauerhaft eingeschlagene Scheibe oder eine sinnlos besprayte Wand kann die schleichende Verwahrlosung eines ganzen Viertels einleiten. Die oft in Gangs auftretenden Loser, deren einzige Macht die Spraydose ist, richten enormen volkswirtschaftlichen Schaden an. Es tut weh, wenn auf so vielen frisch gestrichenen Flächen gleich (wieder) krakelige Schriftzeichen mit Nonsens-Botschaften prangen. Street Art ist das fast nie.

In der Nacht auf Freitag ist in Wien-Hernals ein Sprayer (mit 1,8 Promille) ertappt worden. Man wird ihn nicht lange festhalten, geschweige denn andere Taten nachweisen können. Auch Renato S. vulgo "Puber", der halb Wien zugesprayt hat, wurde im Vorjahr verurteilt (mehr dazu hier), ist mittlerweile aber wieder frei. Statt der viermonatigen Haft wäre eine "Diversion" – in diesem Fall putzen der von ihm beschmierten Wände – wohl heilsamer gewesen.

Manche Hausbesitzer geben irgendwann einmal auf, sie müssen die ständigen Übermalungen ja selbst finanzieren. Auch die Städte scheinen überfordert zu sein. Auf Anfrage bei der für Müll zuständigen Wiener Stadträtin Sima, ob vielleicht eine Aktion gegen das Sprayer-Unwesen geplant sei, heißt es in ihrem Büro nur: "Nein, momentan kein Thema".

Was helfen könnte? Im Zeiten des Internet-Shoppings sind Einschränkungen (etwa Registrierpflicht) beim Spraydosen-Verkauf zwar nicht hundertprozentig wirksam. Aber wenn man im Namen des Bienenschutzes kaum mehr Pflanzenspritzmittel kaufen darf, ist das bei Lackdosen auch machbar.

Magistrate wiederum könnten durch die Stadt rotierende Fassaden-Putztrupps einrichten. Ist es eigentlich ganz abwegig, für solche gemeinnützigen Tätigkeiten Mindestsicherungsbezieher und Asylwerber während ihres Verfahrens zumindest freiwillig einzusetzen? Italien überlegt so etwas bei Flüchtlingen gerade. Wer das in Österreich fordert, erntet Unverständnis. So als wäre erzwungenes Nichtstun der Menschenwürde zuträglicher. Es gibt sinnvolle Arbeit – und die Stadt versandelt nicht.

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