Wer austeilt, muss mit Watschen rechnen

Kanzler Faymann sieht Österreich als "Gallier Europas". Aber wo, bitte, ist unser Zaubertrank?
Martina Salomon

Martina Salomon

Im Inland fast unbemerkt verspielen wir im Ausland zunehmend Kredit.

von Dr. Martina Salomon

über Österreichs Verhandlungspositionen

Es ist ein ewiges Dilemma der Außenpolitik: Wie weit soll man für hehre Anliegen die wirtschaftlichen und politischen Interessen des eigenen Landes gefährden? Und wie klug ist es, für eine gute (Boulevard-)Presse an der Heimatfront mögliche Verbündete im Ausland vor den Kopf zu stoßen? Österreich gefällt sich oft in der Rolle, die Faust vor Riesen zu ballen. Aber mit Vergeltungsmaßnahmen ist zu rechnen.

In einem am 1. Mai erschienenen Interview meinte Werner Faymann, wir Österreicher seien in Sachen AKW lange die "Gallier Europas" gewesen und brüstete sich damit, Stachel im Fleisch des britischen Premiers David Cameron zu sein. Nun ist es natürlich wirklich seltsam, dass Großbritannien dem AKW Hinkley Point C mit Sanktus der EU-Kommission eine Milliarden-Förderung gewährt. Österreich hält das für einen Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht und wird beim Europäischen Gerichtshof klagen. Faymann hat Cameron bereits einen Protestbrief überreicht. Aber ehrlich, was geht uns das an? Nur weil Österreich das Glück hat, über Wasserkraft zu verfügen (was sich paradoxerweise nicht in sprudelnden Gewinnen heimischer Energiefirmen niederschlägt), sagen wir anderen, wo es langgeht?

Auch beim Freihandelsabkommen zwischen den USA und Europa nerven wir unsere Partner: Im März, als EU-Kommissionspräsident Juncker die Regierungschefs der EU-Länder auf Unterstützung einschwor, bestand Werner Faymann im Protokoll auf einen Sideletter zu den Schiedsgerichten, die er ablehnt. Eh mutig, und es bringt Applaus befreundeter Zeitungen daheim. Wirkungsvoller wäre es aber wahrscheinlich, solche Forderungen diskret statt mit Trommelwirbel einzubringen.

Die Quittung kommt

Mit großer Verwunderung wurde seinerzeit auch registriert, wie freundschaftlich der russische Präsident Putin in Österreich empfangen wurde, während man innerhalb der EU um Sanktionen rang. Die Quittung für all das könnte es zum Beispiel beim EU-Gipfel im Juni geben, wo Flüchtlingsquoten auf dem Programm stehen. Österreich drängt richtigerweise auf gerechtere Verteilung. Aber werden wir uns damit bei den Briten durchsetzen, für die die Mittelmeerflüchtlinge weit weg sind? Und werden wir das nächste Mal von allen unterstützt werden, wenn wir wieder einmal EU-Sonderförderungen für irgendwelche Bio-Radieschen brauchen? Glücklicherweise sind die Agrarförderungen bis 2020 fixiert.

Im Inland fast unbemerkt verspielen wir im Ausland zunehmend Kredit. Der Gläubigerschnitt bei der Hypo – auch das in der Sache wohl richtig – hat die Weltbank veranlasst, eine Klage zu prüfen. In der gesamten Causa Hypo haben wir uns gegenüber der EU unglaublich ungeschickt benommen – mit wahnwitzig teuren Folgewirkungen.

Wer so klein ist wie Österreich, wird sich international mit seinen berechtigten Anliegen nur durchsetzen, wenn er seriös verhandelt und nicht mögliche Partner verärgert. Denn einen "Zaubertrank" haben wir leider nicht.

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